Derbysieg trotz Chancenwucher

FSV Blau-Weiß Wermsdorf – SV Mügeln/Ablaß 09 2:1 (1:0)

FuPa Statsitik und Galerie

Nachdem die Hubertusburger in der Vorwoche die Moralprüfung in Naundorf bestehen und das Ticket fürs Bärenpokal-Achtelfinale lösen konnten, stand am Samstag gleich die nächste Reifeprüfung für die Schützlinge von Dierk Kupfer auf dem Programm. Mit dem SV Mügeln/Ablass gastierte der zweite Lokalrivale binnen drei Wochen an der Sachsendorfer Straße. Starke 190 Zuschauer wollten sich das von Marek Schönfelder geleitete Spektakel nicht entgehen lassen und bereiteten dem Derby einen würdigen Rahmen. Auf blau-weißer Seite Max Thomas weiter verletzt und Pascal Weidner angeschlagen. Das brachte Florian Grieser in den Genuss, als Außenverteidiger ins Spiel gehen zu dürfen. Mit Comebacker Philipp Springer als Wechsler außerdem ein fast verloren geglaubter FSV’ler zurück am Fuße der Hubertusburg. Viel Zeit verbrachte Springi dann dort mutmaßlich aber gar nicht, denn Oscar Kupfer veranlasste alle Wermsdorfer ganz früh in der Partie zu einem elektrisierten aufspringen. Während die Uhr zur zweiten Zeigerumdrehung ansetzt, der Zapfhahn bei Erika kaum die Hälfte der bierhungrigen Gäste bedienen konnte und Kammi gerade mit der Durchsage der Aufstellungen durch ist, bitte KO-7 zum Tanz. Osses Sohle allerdings einige Level zu flott und so verliert er seinen Sparingspartner auf dem rechten Flügel alsbald. Als Abschiedsgruß gibt’s das Kunstleder durch die Hosenträger und dann landet der Ball mustergültig beim ins Zentrum eingelaufenen Louis Hoffmann.

Der kappt am Fünfer nur einmal ab und netzt mit voller Überzeugung ein. Thüringens Hoffnung zur Rettung des Bildungssystems beweist im Anschluss warum er der im Raum Luppa-Süd mutmaßlich äußerst rar gesäten Spezies sympathischer Zeitgenossen angehörig ist, scheint beim Torjubel gegen die alte Liebe beinahe peinlich berührt. Die Hubertusburger mit dem frühen Korkenzieher in der Hand weiter nah dran am Traubensaft, doch Kapitän Justus Keller vermiest die Ernte. Nach Freistoßgeschoss von Spezialist Denny Beckedahl kann der gegnerische Schlussmann nur klatschen lassen, Pascal Ziegler ist zur Stelle und drückt den Rebound über die Torlinie. Das man an dieser Stelle aber nicht einfach die Copy-Paste von vorherigen blau-weißen Spielberichten drücken kann, hat der Autor sich selbst zuzuschreiben. Keller bringt seine krummen, schmalbeschienbeinschonerten Radlerhebel noch vollkommen unnötigerweise auf der Torlinie an die Murmel, weshalb die Bude ins Abseits gewunken wird. Strittig, ob der VAR hier nicht korrigierend eingegriffen hätte. Unstrittig in jedem Fall, dass Keller von Glück reden (oder schreiben) kann, dass in der Kreisoberliga (noch) nicht zwei Dutzend Kameras jeden Winkel des Spielfeldes unter die Lupe nicht und die Slapstick-Nummer zum viralen Tik-Tok-Hit wird. Auch kein wirklicher Hit, wie die Kupferlinge in den folgenden Minuten mit ihren Torchancen umgehen.

Mal zu uneigennützig, mal zu verspielt und dann wieder schlichtweg blind lässt man die Gäste im Spiel. Die stecken ihrerseits nicht auf und kommen getragen von einer spielstarken Verstärkung aus den Alten Herren mit zunehmender Spieldauer besser auf. Allen voran SV-MA Kapitän Paul Erdmann beschäftigt die blau-weiße Hintermannschaft und setzt einige offensive Akzente. Nach einer halben gespielten Stunde bietet sich den Obstländern nach einer Ecke die aussichtsreichste Chance zum Ausgleich. Auf der anderen Seite setzt Hoffmann zum Solo an, wird im letzten Moment geblockt. So bleibt es mit ausgehender Hälfte beim knappen Wermsdorfer Vorsprung in einer munteren Partie. Letzter Akzent vorm Pausentee, Dustin Auerbach der Bekanntschaft mit dem Rasenroboter gestutzten Grün macht. Yassin zieht nach sauberer Gegnergrätsche mal kurz „Atze Peng“, hat aber keine Entschärfungskarte am Mann und rastet, Gesicht (umgangssprachlich in anderen Teilen Nordsachsens „Fresse“ tituliert) voraus, ungebremst im Boden ein. Wo sich andere mit Cut und Schürfwunden in der Kabine ein Kaltgetränk der Wahl geöffnet und auf den restlichen Nachmittag gepfiffen hätten, lächelt Wermsdorfer Kirmes Boxer die Schmerzen weg und gibt sich mit einer kurzen Erfrischung per nassem Handtuch zufrieden.

Der zweite Durchgang wird dann erstmal fast zur Bruchlandung aller Hubertusburger. Nach Hoffmann Hereingabe, starker Ballverarbeitung und entschlossenem Abschluss von Aui in der 70. Spielminute pariert Mügelns Nico Schuster zwischen den Torstangen herausragend. Die anschließende Ecke bringt nicht den gewünschten Erfolg, ganz im Gegenteil. Der Konter aus dem Obstland fliegt den Collmkickern um die Ohren. Nach Schnittstellenpass und Wermsdorfer Begleitschutz im Strafraum ist es schließlich der eingewechselte Spielertrainer Manuel Becker, der nach feiner Flanke von Robby Golzsch locker einnicken kann und sich schonmal um den Titel des Matchwinners bewirbt. Denn die FSV’ler müssen sich erstmal wieder sortieren und die Veranstaltung wird zur erwarteten endgültigen Bestandsaufnahme der blau-weißen Mannschaftstauglichkeit.

Die hält ihr Versprechen an Zusammenhalt und Teamgeist. Es bleibt ruhig untereinander und zusammen wird am Momentum gewerkelt. In der 82. Spielminute scheint eine aussichtsreiche Chance der Kupferlinge schon zu versanden, doch Auerbach hält das Spielgerät mit großem Einsatz an der Grundlinie im Spiel. Der Klärungsversuch klatscht an die Hühnerbrust von Kapitän Justus Keller, der glücklicherweise nicht in sich zusammenfällt. Zum noch größeren Glück wurde die Nummer 8 von seinem Jugendtrainer Sven Juretschke vermehrt darauf hingewiesen, dass man den linken Huf nicht rein aus optischen oder physikalischen Gründen mit sich herumträgt. Demzufolge entwickelte sich eine wahre linke Klebe, auf die in der 82. Spielminute zurückgegriffen werden kann. Das Kunstleder wird also mit aller Kraft Richtung gegnerischem Gehäuse bewegt, was durchaus nicht viel ist, aber zur zweiten kellerschen Aktion mit Viralitätspotenzial gerät. Die Murmel hoppelt in Zeitlupe ins lange Eck und auch wenn dazu eigentlich beim Verfolgen der „Schuss“-Bahn genug Zeit gewesen wäre, realisiert in Blau-Weiß erstmal auch gar keiner so richtig, dass das Ei im Nest liegt.

Die Partie damit aber alles andere als entschieden. Auerbach kann kurz vor Ultimo nach unfassbarem Solo über den ganzen Platz schon alles klar machen, doch verpasst die Krönung unter einen grandiosen Auftritt im Abschluss. Als es dann in der 89. Minute Elfmeter für den SV-MA gibt, greift Entsetzen bei den FSV’lern um sich. Man versteht die Welt nicht mehr.

Der Schiedsrichter will sie erklären, ist sich ob seiner Zweikampfbewertung allerdings auch noch uneins und zieht erstmal seinen Linienrichter zu Rate.

Während der Unparteiischenausschuss über das Wermsdorfer-Seelenheil tagt, beweist Mügelns Kapitän Paul Erdmann wahren Sportsgeist. Der Stürmer tritt aus Eigeninitiative den Gang zum Schiedsrichter an und gibt zu, dass kein Kontakt vorlag. Wir ziehen den Hut vor dieser Geste des Fairplays.

Serbe, nicht das erste Mal mit großartigem Fairplay-Gedanken unterwegs, beweist, warum er zurecht als eine fußballerische Größe im Kreis gilt.

So endet die Partie nach einer intensiven Auseinandersetzung der beiden Lokalrivalen schließlich mit 2:1 für die Schützlinge von Dierk Kupfer. Das verdienen sich die Hubertusburger durch eine geschlossene kämpferische Leistung, in der so mancher über die eigenen Grenzen hinausging. Boxer Dustin Auerbach, die krampfgeplagten Louis Hoffmann und Pascal Ziegler oder der angeschlagene Pascal Weidner lebten die blau-weiße DNA auf der Wiese vor und stehen dabei sinnbildlich für das, was Wermsdorf in diesen Tagen stark macht. Die Spielplanmacher bescherten dem FSV gerade in Anbetracht des Sommerumbruchs einen harten Saisonauftakt. 7 Punkte aus drei Derbys plus den Auswärtssieg gegen die heimstarken Belgeraner und der Pokalsieg in Naundorf waren so schlichtweg nicht zu erwarten. Das gibt Selbstvertrauen und Zuversicht, wenngleich niemand vergessen darf, dass es sich nur um eine erste Bestandsaufnahme handelt und die Saison noch lang ist und viele unterschiedliche Herausforderungen und Prüfungen für die blau-weiße Mannschaft bereithalten wird. Schauen wir mal, was wird. JK