In einem spannenden Pokalspiel hat Lok Zwickau das glücklichere Ende für sich

Landespokal: FSV Blau-Weiß Wermsdorf – ESV Lok Zwickau 2:3 (1:0)

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Am vergangenen Samstag lud die Sachsendorfer Straße zum ersten Tanz der Spielzeit 2022/23. Damit steht Saison in den Startlöchern, in der Blau-Weiß nachdrückliche Ambitionen hegt. Der Auftakt in die neue Runde mit dem Landespokalduell gegen Lok Zwickau für den FSV natürlich äußerst schmackhaft. Die Gäste sind in der Landesklasse unterwegs und zeigten in den bisherigen Testspielen außerdem ansprechende Leistungen, was die Kupferlinge in diesem Bonusspiel zu Saisonbeginn noch tiefer in die Underdogposition drängte. Nichts zu verlieren also am Fuße der Hubertusburg, der Tag verheißungsvoll.

Trainer Dierk Kupfer und sein Co Mike Rische mussten zwar kurzfristig auf Riesa Neuzugang Florian Grieser, der krankheitsbedingt ausfiel, verzichten, hatten ansonsten bis auf die Urlauber Tom Köppe und Timo Radeck aber alle Schäfchen im Stall und konnten dementsprechend die Wiese aus den Vollen bestücken. Neben Leithammel Denny Beckedahl als Libero, der eingespielten Abwehr um Sechser Patrick Kupfer und dem laufstarken üblichen Grundgerüst hierzu direkt Sommerneuzugang Tim Kuhl auf der Zehnerposition in der Verantwortung. Das blau-weiße Versprechen der Saison in den ersten Tagen umgehend vollends integriert und dank bockstarker Testspielauftritte nahezu zwangsläufig in der Startformation.

Doch nicht nur die erste Elf, auch der zweite Anzug auf der Bank um Routinier Flori Böttger mit einigem Potenzial ausgestattet. Die Hubertusburger, ohnehin nicht unbedingt ein „normaler“ Kreisoberligist, wollten dem eigenen Ruf als unbequeme Dorftrottel also wieder einmal alle Ehre machen und die eigenen Stärken rund um den kollektiven Teamgeist aufs Grün bringen. Die erste Aktion der Partie zwar direkt bei den Gästen, doch Zwickaus Stürmer wird beim Schussversuch im roten Bereich entschlossen geblockt und damit gleichwohl für die Anfangsviertelstunde vorm blau-weißen Strafraum ein Stoppschild errichtet.

Auf der anderen Seite sausen die Kupferlinge von Beginn weg wie auf der Carrerabahn von links nach rechts. Während einige Spätentschlossene noch nicht mal mit Kaltgetränken und Grillgut versorgt sind, finden die Platzbesitzer schon die richtige FSV-Lehrbuchseite. Nach Balleroberung und kompromisslosem Ballvortrag aus der Hintermannschaft organisiert Mittelfeldmann Patrick „Manne“ Kupfer aus Naundorf die Durchreise für Sturmgummi Louis Hoffmann.

Die gesamte Zwickauer Hintermannschaft versucht sich noch an einer Durchfahrtskontrolle, aber LH20 passiert in Schlussmann Richard Weber schließlich auch den letzten Kontrollposten und setzt nach feinem Solo abgezockt den Stempel zum ganz frühen Stimmungsmacher.

Die Landesklassisten vom Gegentreffer sichtlich beeindruckt, von Wermsdorfs Spielorganisation mit Libero dahingegen einigen fachkundigen Zwischenrufen zufolge eher weniger. Trotzdem dauert es bis zur Viertelstundengrenze und bedarf einiger engagierter Trainerhinweise, ehe die Gäste eine sachgemäße Reaktion finden. Leider verpassen im Vorfeld sowohl Stürmer Pascal Ziegler per Heber an den Pfosten als auch Flügelkanone Sebastian Körner nach Eckstoß mit dem Kopf knapp über den Querbalken Zählbares für Blau-Weiß draufzupacken. So gerät die Partie mit zunehmender Spieldauer offenere. Der Favorit aus der Fremde gibt den Takt mit Ball am Fuß vor, aber die Collmkicker halten geschlossen und diszipliniert dagegen.

Calle (9), Louis (20) und Tim (15)

Taktische und individuell-fußballerische Defizite werden durch Einsatz und Leidenschaft korrigiert und so bleibt das Spielgeschehen munter und ansehnlich. Nach einer guten halben Stunde steht fest, bei Blau-Weiß ist auch in dieser Saison bei hohen Bällen nach Standards zittern angesagt. Außerdem sind Hoffmann, Weidners und Co nach wie vor verdammt schnell und „Haupe“ Körner kann weiterhin weit werfen. Was sich verändert hat, ist der FSV Ballvortrag. Mit Kuhl als Anspielstation vor den Stürmern und einem gewillten Becke in letzter Linie kommt das blau-weiße Spiel von hinten heraus konstruktiver und druckresistenter daher.

Robby im Vorwärtsgang

Dennoch ist der Wermsdorfer Aufwand extrem hoch und fast zwangsläufig ergeben sich im Verlauf der ersten Hälfte Räume für Zwickau. Ruhe, Überzeugung und Torhüter Robyn Staude verhindern allerdings etwaige Gegentreffer und so kommen die Gäste trotz mehr Spielanteilen nicht durchschlagend gefährlich auf. Zum Ende des ersten Durchgangs zollt Blau-Weiß dem großen Aufwand nach vorne allerdings deutlich sichtbaren Tribut und Befreiungsschläge hängen vor allem an der individuellen Klasse von Hoffmann. Den schönsten Angriff der ersten Hälfte setzt der Gastgeber aber dann doch. In wunderbarem Zusammenspiel kombinieren sich die Weidner Zwilling mit Unterstützung von Hoffmann und Kuhl Richtung Grundlinie, wo Pascal leider Bruder Dominik im Rückraum übersieht und so eine mögliche Belohnung ausbleibt.

Der Capitano mal im Rückraum

Die frühe 1:0 Führung hat zur Pause aber Bestand. Mit ordentlich angekurbeltem Kreislauf und dem ein oder anderen erdgefärbten Stutzen geht es zur wohlverdienten Verschnaufpause in die Kabine, wo Trainer Dierk Kupfer nochmal ans blau-weiße Kämpferherz appelliert, egal ob die Beine schwerer werden.
Zum Glück sind die Arme zur zweiten Hälfte noch frisch und so schmeißt „Haupe“ das Spielgerät nur drei Zeigerumdrehungen nach Wiederbeginn über den halben Platz.

Pascal (17) abgezockt mit einem Heber – 2:0

Der vorher ausgeklügelte Schachzug des Weitwerfers mit Flügelpendant Pascal Weidner geht vollends auf, da dieser wiederrum den Zauberfuß auspackt und nach entschlossenem Sprint und guter Ballverarbeitung sehenswert per Heber über den herauseilenden Hüter abschließt. Die zweite blau-weiße Jubeltraube kurz nach dem Anstoß und damit langsam anschwellende Zweitrundenhoffnungen.

Die scheinen äußerst konkret zu werden, als Tim Kuhl nur kurz darauf vor Zwickau Torwart Weber am Ball ist, den Spielaufbau der Gegner damit abfängt und Richtung verwaistes Tor unterwegs ist. Das Kunstleder springt allerdings weit nach außen und Kuhl fehlen nach diesem Kraftakt leider sowohl Körner für den überzeugenden Abschluss als auch für den Blick zu den mitgeeilten Nebenleuten.

Das Drehbuch der Begegnung hält sich damit sein Ende offen. So wird die Stundegrenze wenig später zum Wendepunkt der Begegnung. Wermsdorf kommt nicht mehr in die entscheidenden Duelle und während die Zwickauer Wechsel aufgehen, verlieren die Kupferlinge mit der Herausnahme des gelb-verwarnten Sebastian Körner die Ordnung. In der 62. Spielminute ist der Landesklassist durch den Treffer von Ben Schewski wieder da und die Aufgabe der Hubertusburger wird umso härter. Neuper (72.) und wieder Schweski (74.) stellen die Partie in der Folge zügig auf den Kopf und Ernüchterung macht sich breit. Angetrieben vom fantastischen Hubertusburger Publikum packt die Blau-Weißen, denen nach diesem Einbruch auf ganzer Linie nun der komplette Kollaps droht, nochmal der Mut der Verzweiflung. Mit aller Entschlossenheit knallen die Kupferlinge ihre letzten Prozente auf die Wiese und packen jede Menge blau-weiße DNA in den Schnürschuh.

Grenzwertiger Gästeeinsatz in der eigenen Box gegen Pascal.

So schwach die vorausgegangene Viertelstunde daherkam, so erstaunlich ist nun der abermalige Wandel im Wermsdorfer Spiel. Fußball ist das zwar nicht mehr unbedingt, aber dafür jede Menge Hingabe, die Zwickau abermals sichtlich überrascht. Die Einwechselung von Flori Böttger für den aufopferungsvoll ackernden Louis Hoffmann bringt nochmal frischen Schwung und weil auch Sturmpartner Pascal Ziegler für seine Farben weiter unermüdlich um jeden Ball arbeitet, liegt noch etwas in der Luft.

Nach 80. Spielminute ist es ein langer Schlag, von Calle fest gemacht, der den Platzbesitzern numerische Überzahl beschafft. Der Stürmer wird rabiat geblockt, sein Gegenspieler handelt sich verdientermaßen die Ampelkarte ein. So wird die Schlussphase endgültig zum Drama, in dem Wermsdorf nochmal das ganze Portfolio der Emotionen beschwört.

Hammerfreistoß Becke ans Aluminium

Denny Beckedahl nagelt einen Freistoß ans Aluminium, ein Zwickau Tor wird wegen Foulspiels an Torwart Robyn Staude aberkannt, Becke setzt einen ruhenden Ball erneut knapp am Ausgleich vorbei und dann ist sie gekommen, die Szene des Tages, bei deren Rückkehr ins Gedächtnis sich dem Verfasser dieses Textes gleich wieder die Nackenhaare aufstellen. Flori Böttger behauptet das Spielgerät nach Einwurf im Strafraum und wird regelwidrig zu Fall gebracht, was die Linie des Assistenten nach oben schnellen lässt. 90+2, Strafstoß für Blau-Weiß in Überzahl und mit einem Treffer Rückstand zur Verlängerung. Kapitän Justus Keller übernimmt Kraft seiner Wassersuppe Verantwortung, die Sachsendorfer Straße hält den Atem an.

Während seine Nebenleute über 90 Minuten grandios alles gegeben haben, vermag der 8er aus 11 Metern nicht, seinen Mitspielern den Lohn der Arbeit in Form von 30  Zusatzminuten einzuholen. Lok Schlussmann Weber ahnt die Ecke und pariert, ist auch beim Nachschuss zur Stelle und wird zum Held des Spiels, während die Hubertusburger, die eigentlich nichts zu verlieren hatten, nun doch eine gefühlte Niederlage hinnehmen müssen. Zwar bäumen sich die Kupferlinge, die es noch nicht hinnehmen wollen, nochmal auf, aber als Schiedsrichter Andre Schulze nach einem verunglückten Drop-Kick Abschluss von Robby Staude zum letzten Mal trillert, wird das Ausscheiden Gewissheit.

Der Rest ist vor allem erstmal Tristesse und tief hängende Schultern, garniert von einigen Spitzen aus der Landesklasse, die schmerzhaft in die Wunde brennen, wenngleich sie ob der Ligazugehörigkeit und des Einzugsgebietes unter Berücksichtigung des nicht unbedingt sichtbaren Klassenunterschieds dieses Tages durchaus obszön daherkommen.

Was unterm Strich von diesem Tag für die Hubertusburger bleibt, ist somit zunächst jede Menge Frust. In einer Betrachtung mit etwas Abstand sollte dann aber größtenteils vor allem Motivation für die kommenden Wochen generiert werden können, der Blick fest Richtung der Ziele der Saison gehen, die Gewissheit vom eigenen Potenzial selbstbewusstseinsschaffend sein und schließlich vor allem ein Versprechen bleiben: Landespokal, wir kommen bald wieder! JK

Spielauswertung mit Kaltgetränk: Patrick, Calle und Dominik (v.l.)
OAZ 9. August