Die Mannschaft als Star, aber Aui und Robyn strahlen am hellsten. Wermsdorf liefert Pokalfight und zieht nach Elfmeterschießen ins Halbfinale ein!

FSV Blau-Weiß Wermsdorf – SV Naundorf 6:4 (2:1/3:3) n.E.

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Wenn die blau-weißen Schlachtenbummler in der Vergangenheit ins Pokalviertelfinale vorgestoßen sind, dann konnten sich die Zuschauer auf einiges Spektakel gefasst machen. 2019 fiel die Entscheidung zugunsten der Hubertusburger in Bad Düben in der 117. Spielminute.

Viertelfinale vs. Bad Düben

2021 gab es im Viertelfinale einen turbulenten 3:2 Heimerfolg über den SV FA Doberschütz-Mockrehna.

Viertelfinale vs. Doberschütz/Mockrehna

und 2022 buchten die Collmkicker im Derby mit Wacker Dahlen abermals erst in der Verlängerung das Halbfinalticket.

Viertelfinale vs. Wacker Dahlen

Auch wenn seitdem einige Grashalme am Fuße der Hubertusburg gestutzt wurden, konnte man sich im Vorfeld der blau-weißen 2024 Viertelfinaledition also durchaus ausmalen, dass etwas in der Luft liegt. Ein vormittäglicher Blick aus dem Fenster erhärtete diesen Eindruck, boten doch Wind, Regen und Kälte den Rahmen für neue Heldengeschichten. Doch der Reihe nach.

Gut 90 zahlende Zuschauende und so manch weiteres Vereinsmitglied säumten den Spielfeldrand und trotzten den widrigen Umständen. Eine beachtliche Zahl in Anbetracht der Bedingungen und ein echter Schub für die FSV-Protagonisten schon vor Beginn. Neben der erfreulichen Unterstützung konnte Trainer Sven Juretschke gleichwohl aus einem breiten Personalpool schöpfen. Obendrein gingen seine Kicker dank der Verköstigung eines kupferschen Brunches bestens gestärkt und mit so manchem Vitamin angereichert in das Aufeinandertreffen mit den Naundorfern. Ein Duell, dass im Pokal mittlerweile so etwas wie obligatorisch geworden ist, trafen die Nordsachsenligisten doch nun schon zum vierten Mal in fünf Jahren im Alles-oder-Nichts-Modus aufeinander. Im Ligaspiel setzte sich der SV im September daheim mit 3:1 durch, weshalb die FSV’ler sich voll im Klaren um die Tragweite der Herausforderung des Tages waren. Mit dem nötigen Ernst und der entsprechenden Konzentration füllten die Hubertusburger daher von Minute eins der Veranstaltung an erst das Vereinsheim, dann die Kabine und schließlich die schon sichtlich aufgeweichte Wiese mit Überzeugung und Willen aus. So kommen die Schützlinge von Juretschke und seinen Co’s Robby Staude und Denny Beckedahl direkt auf Temperaturen. Die Umstellung im Vergleich zum Heide-Derby der Vorwoche trägt umgehend ihre Früchte. Die wiedervereinte Doppelsechs mit Demba Mbye und Johannes Keller präsentiert sich griffig, Neu-Libero und Vize-Kapitän Florian Grieser leitet von hinten raus an und vorne organisiert Dustin Auerbach im Verbund mit Ruven Frase das hohe Anlaufen.

Naundorf bekommt so zeitig Druck und kann sich nicht akklimatisieren. Nach 8 Zeigerumdrehungen zieht Tom Zielinski auf dem rechten Flügel auf, nutzt im Dribbling seine Gewichtsvorteile und schickt seinen Gegner einmal in den Matsch. Der Querpass der Nummer 10 findet sein Ziel und Aui verarbeitet das Kunstleder direkt und satt mit einem platzierten Flachschuss gegen die Laufrichtung von Julian Aglaster im Tor der Gäste.

Erstes Auitor in der 8. Minute – da waren Trikots und Rasenplatz noch fast wie neu.

Die Platzbesitzer finden ihren Zugang und die frühe Führung. Ruby verzettelt sich kurz darauf im Solo und ein Schuss von Justus Keller geht genau auf den Schlussmann, wodurch es der Heimelf nicht gelingt, in der Anfangsphase noch deutlichere Ansagen zu verteilen. So endet der starke Beginn jäh, als ein Stockfehler nach eigenem Eckball die FSV-Abwehr entblößt und Naundorf nach 18 Spielminuten mit dem 1:1 antworten kann.

Wermsdorf muss sich finden und bekommt dafür dank Robyn Staude im Kasten noch die notwendige Verschnaufpause, da die blau-weiße Nummer 1 im Eins-gegen-Eins nur wenige Augenblicke später riesig pariert. Die Juretschke-Chaostruppe schüttelt den Gegentreffer aus den klammen Jerseys und meldet sich wieder an. Ruby verzettelt nach grandiosem Solo den Abschluss und machts kurz darauf gleich nochmal ähnlich, aber Wermsdorf nimmt sich nun wieder die Initiative. In der 32. Spielminute initiiert Ruven dann mit einem weiteren Vollspeed-Ausflug an den Grätschen vorbei den nächsten Aui-Auftritt. Der nimmt sich des Kunstleders an und nagelt es kompromisslos zur abermaligen Führung ins rechte Eck.

Die Heimelf damit wieder dort, wo sie hinwollen und bis zur Pause mächtig bestrebt, das Geschehen noch weiter in die anvisierte Richtung zu lenken. Eine kurz getretene Ecke von Hanni wird brenzlig, Louis dribbelt einmal mit der Kirche ums Dorf und setzt den Abschluss schließlich aus spitzem Winkel vorbei und auf der anderen Seite wird Robyn kurz vorm Pausentee nach einer Unstimmigkeit bei seinen Vorderleuten nochmal gefordert.

So geht es in einer von Phasen geprägten ersten Hälfte mit der knappen FSV-Führung in die Kabine. Wermsdorf muss sich ankreiden nicht höher zu führen, darf sich auf der anderen Seite bei drei defensiven Aussetzern aber auch nicht darüber beschweren, nur einmal bestraft wurden zu sein. Zurück auf dem Grün lautet die erste Erkenntnis, dass hier ein anderer Farbton um sich greift. Aus dem Rasenplatz ist eine Wildschweinsüle geworden, die gepflegtem Ballsport kontraproduktiv begegnet.

Beide Seiten mühen sich nach Kräften, doch bei immer tieferem Geläuf, der ein oder anderen mangelnden Bestollung an den Temu-Tretern und schwindenden Kräften verkommt die Partie mit Wiederbeginn zu wenig Fußball und viel Kampf. In dieser Schlacht ist Wermsdorf dabei zunächst noch drauf und dran nachzulegen, doch abermals wird eine frühe Druckphase nach 15 Spielminuten von stärker werdenden Gästen abgelöst.

Ein unglücklicher Kontakt führt nach 68 Minuten zum Foulelfmeter für Naundorf, den die Randeilenburger zum erneuten Ausgleich nutzen. Robyn ist hier chancenlos, doch das behalten wir mal im Hinterkopf. Die Crunchtime der Begegnung bricht an und die soll sich bis ins Unermessliche steigern. Wermsdorf versucht die sich einstellende Statik durch die Hereinnahme von Philipp Springer und Florian Böttger zu dynamisieren. Außer einigen halbgaren Abschlüssen springt aber nichts wirklich Ernsthaftes heraus. Anders verhält sich das im Gegenzug für Naundorf. Tief in der zweiten Hälfte, mit nur noch vier Minuten regulärer Spielzeit auf der Uhr schlägt der SV den Ball weit raus. Bei den Collmkicker kommt man 10 Meter hinter der Mittellinie nicht in den Zweikampf und weil es der Gast gut ausspielt, läuft die blau-weiße Restverteidigung dem Überzahlspiel nur noch hinterher. Die Ablage stimmt und mit einem schönen Schlenzer ins lange Eck lässt Sebastian Matner seine Farben toben. Während Naundorf auf dem Weg zur Jubeltraube ist, rattert die FSV-Birne. Lässt man sich hier wirklich nach vollem Einsatz und jeder Menge Leidenschaft so die eigene Reise canceln? Tim Höhnel kommt für die letzten Spielzüge und einen neuen Ansatz nochmal frisch rein. Und tatsächlich bringt Mietzi, der sich seit Sommer schneller in die blau-weiße Familie integrierte als es isotonische Getränke in Eckis Blutkreislauf vollbringen, den Moment auf den Weg.

Auf Höhe der Mittellinie macht die Nummer 17 das Spielgerät fest und legt ab auf Louis Hoffmann. Der hat bis dahin für seine Verhältnisse einen wahren Malochertag hinter sich und mehr Defensivarbeit verrichtet als in so manchem Sommermonat. Gut, dass bei Gummi in Anbetracht dessen und trotz privater Exkursion auf den Nürnberger Weihnachtsmarkt noch genug Tank im Köcher ist, um eine runde Magie zu verstreuen. Louis packt von links auf Höhe des Anstoßpunktes einen Pass aus, den man auch in Thüringer Klassenzimmern auf keiner Landkarte findet. Einmal diagonal getreten, geht es über die halbe Wiese in perfektem Tempo auf den Fuß von Dustin Auerbach.

Der Doppelpacker, dem man im März diesen Jahres durch einen üblen Tritt fast die Lust am Rasenschach genommen hätte, zieht trotz oder gerade wegen dieser Vorgeschichte voll durch. Aui ist vorm herauseilenden Aglaster zur Stelle, verarbeitet den Ball mit der Sohle unter größtem Druck genial und geht vorbei. Handgestoppte 14 Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit drückt der Mutzschner das Streitobjekt über die Linie.

Was folgt ist eine Liebeserklärung an den blau-weißen Fußball, sind Emotionen bei jung und alt und ist die Gewissheit, dass der Keksliebhaber und vermeintliche Kirmesboxer genau an dem Ort ist, an den er hingehört und wo er (so es ihn die Gegner den lassen mögen…) wohl nicht das letzte Mal für pure Glücksgefühle gesorgt haben wird.

Das Drama dieses Pokaltages ist damit jetzt schon kaum in Worte zu fassen. Nicht auszudenken, was gewesen wäre, wenn Aui in der dritten Minute der Nachspielzeit noch einen Freistoß aus zentraler Position in die Maschen gesetzt hätte. Die Veranstaltung geht also in die Verlängerung und das Urteil über den Platz ist damit gefällt.

An der Sachsendorfer Straße wird wohl bis Ostern kein Gras mehr wachsen, aber so eine Rutschbahn kann Bürgermeister Müller sicher auch ganz gut vermarkten. Der Kampf und Krampf der Verlängerung ist schnell beschrieben, in der Realität geht es aber an die Nerven und letzte Substanz. Naja, sagen wir lieber vorletzte Substanz – da kommt ja noch was. Jedenfalls ein Beispiel: Der Ball geht auf Höhe der FSV-Kabine in den Fuß des anlaufenden Philipp Springer. Dessen Versuch zu stoppen endet allerdings in einer gut drei Meter kerzengrade-verlaufenden Schlammbremsspur und damit deutlich am Zielobjekt vorbei. Naundorfs Angreifer wiederrum hat nun die komplett verwaiste Matschbahn auf der linken „Rasenseite“ vor sich, gibt bei seinem Versuch eines Antrittes aber nur der Waschmaschine und nicht der Wermsdorfer Abwehr eine harte Aufgabe mit auf den Weg und zieht den Alptraum aller Freibadposer als er einen anmutigen Bauchklatscher darbietet. Trotzdem muss Robyn in der ersten Hälfte der Verlängerung einmal rettend eingreifen und im zweiten Durchgang kann Louis frei vom Elferpunkt alles klar machen, doch das Fangnetzt bedurfte wohl auch mal wieder einer Qualitätsprüfung. Warum Thüringer Sportlehrkräften im Staatsdienst kein ordentliches Schuhwerk für Leibesertüchtigungen zur Verfügung gestellt wird, darf an dieser Stelle mal kritisch angemerkt werden. Sicher letztlich aber auch wieder nur ein Verschulden der Ampel, dass Hoffi bei angespannter Wirtschaftslage keine Traktion an der Fußsohle vorfindet. Florian Krost, der im Zusammenspiel mit seinen Assistenten eine starke Spielleitung an den Tag legte, darf die Kapitäne also noch ein drittes Mal zu sich bitten. Es geht um den Austragungsort vom absoluten Showdown dieses Aufeinandertreffens, dass nach 120 Minuten beim Stand von 3:3 nun also seine Entscheidung vom Punkt fällt. Die Münze entscheidet, dass aufs untere Tor in Richtung der alten Wermsdorfer Halle geschossen wird und somit dankenswerterweise kein Zuschauer seinen trockenen Unterstand verlassen muss.

Die Hubertusburger beginnen. Als erster übernimmt Griesi Verantwortung, doch Aglaster hat die Ecke. Nun ist Robyn schon unter Druck. Wermsdorfs Schlussmann ist zur Stelle und fischt den harten Schuss im linken Eck raus. Mietzer als zweiter Collmkicker damit nicht ganz so unter Zugzwang, doch der Rucksack auf den Schultern schon schwer genug. Kalt wie eine Katzenschnauze schiebt der Linksfuß ein und besorgt den ersten Treffer. Naundorf gleicht aus und jetzt beginnt das Drama. Als dritter Schütze der Gastgeber vergibt Kevin Schmidt und ähnlich der regulären Spielzeit kann das Halbfinale für den SV nun zum Greifen nahekommen. Die Sachsendorfer Straße braucht Robyn und der ist da, hält seine Farben wieder im Spiel und pariert den zweiten Strafstoß.

Nächster FSV-Schütze ist Aui und der stellt zum vierten Mal an diesem Tag seine Treffsicherheit unter Beweis. Damit liegt der Druck plötzlich bei Naundorf. Deren Schütze läuft an, schießt scharf aber nicht platziert genug und da Robyn wieder die richtige Ecke hat, fährt die Gänsehaut so langsam richtig hoch. Springi ist Wermsdorfs letzter Schütze. Unter seinem jetzigen Herrentrainer Juri damals zum Großfeld in die blau-weiße Jugend gekommen, dort über Jahre eine verlässliche Größe darstellend, führten zwei Kreuzbandrisse und ein langer Weg, der viel Willenskraft forderte, Philipp schließlich ins Hier und Jetzt und das kostet er aus. Ein letzter Scan auf das säuberlich zurechtgelegte Kunstleder und die Position des gegnerischen Hüters, dann senkt sich sein Blick. Springi atmet einmal tief durch, verlädt Aglaster und dreht ab.

Kurz ergießt sich die Hälfte der Jubelmasse über dem entscheidenden Schützen, doch Blau-Weiß fällt schließlich über Robyn her. An einem Tag für die Geschichtsbücher, an dem der FSV-Teamgeist die Mannschaft als Star scheinen lässt, schickt nach Aui nun auch Robyn ein Leutchen in den Himmel. Die Hubertusburger lassen den Emotionen in ihrer Jubeltraube freien Lauf und wissen gar nicht wohin mit dem ganzen Glück. Das Ding ist für unser Ehrenmitglied Manschek!

Mit den Naundorfern, die in diesem Viertelfinale ihre Qualitäten eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben, nehmen die Collmkicker eine schwere Hürde und ziehen auf dramatische Weise ins Halbfinale ein. Wieviel Glück dabei letztendlich eine Rolle spielte, dass werden sie am Fuße der Hubertusburg nicht vergessen. Viel lieber erinnern wie uns aber auf ewig an unsere Helden Dustin Auerbach und Robyn Staude, die mit drei Toren und drei Paraden das ganze Dorf einmal in den Rucksack packen und in die Runde der letzten 4 hieven. Dort warten nun in der Fremde oder zuhause am Osterwochenende entweder Torgau, Glesien oder Löbnitz. Klangvolle Namen im Kreis, die nicht weniger Spannung und Dramatik versprechen.

Jetzt gilt es aber erstmal den Moment zu genießen, die kommenden Aufgaben in der Liga bis zur Winterpause seriös anzugehen und dann schauen wir mal, was wird. Festzuhalten gilt es, dass an der Sachsendorfer Straße in den vergangenen Monaten wieder etwas entstanden ist, was so mancher den Hubertusburger absprechen, verwehren oder gar entreißen wollte. Nach außen beweisen müssen wir das sowieso niemandem, nach innen sprechen die Szenen nach Abpfiff in der Kabine für sich. In diesem Sinne, danke Brüder. Bilder RW