„Beim ersten Mal wars ein Wunder, beim zweiten Mal wars Glück, beim dritten Mal der verdiente Lohn…“

Und so lagen sich am 25.05.2022 zum dritten Mal in Folge vom Glück beseelte Hubertusburger im Torgauer Hafenstadion in den Armen, strahlten mit den Flutlichtmasten um die Wette und setzten an zum abermaligen Fischerfest an der Elbe.

Nach dem Elfmeterschießen-Wunder 2020 gegen Torgau, dem glücklichen Verlängerungsdrama 2021 gegen die Bandenkumpel aus Beilrode, stellte anno 2022 der SV Süptitz die letzte Hürde dar. Das es abermals nicht leicht (gemacht) werden sollte, wurde spätestens mit einem zweifelhaften kurzfristigen Heimrechtentzug zuungunsten Wermsdorfs klar. Die Gegner im Vorfeld außerdem mit forschen Tönen und einer Spielvorbereitung, die wohlwollend als fokussiert anerkannt werden kann. Wer als drittplatziertes Liga Team gegen den Tabellenprimus zum Spieltag einfach nicht auftaucht, der hat je nach Lesart oder Farbwahl in dem einen Wettbewerb zu geringe oder in dem anderen Wettbewerb zu hohe Ambitionen. Das Thema Wettbewerbsverzerrung steht auf einem anderen Blatt und kommt in diesen Corona-Zeiten ohnehin als wenig zielführend daher. Der Fairplay-Gedanke darf oder muss an dieser Stelle allerdings zumindest Erwähnung finden. Letztlich liegt die Wahrheit dann aber doch, seien die Zeiten auch noch so wechselhaft, glücklicherweise immer auf dem Rasen.
Damit zum Torgauer Grün, mit dem die Blau-Weißen bekanntermaßen seit Benjamin Schönitz Sahnetag 2020, spätestens dank Pascal Weidners „Torjägerinstikt“ 2021 ein inniges Verhältnis pflegen. So machten sich die Kupferlinge frohen Mutes und überzeugt von der eigenen Finalstabilität auf die Reise durch die Heide. Man stellte fest: die gemeinsamen Pre-Match Nudeln schmecken auch in diesem Jahr hervorragend tomatensoßig und die Busfahrt hin zum Stadion will nach wie vor nicht so richtig schnell vergehen.

Nach anfänglicher Skepsis, ob die blau-weißen Spieler und Verantwortlichen mit ihrem Bus denn tatsächlich auf dem stadioneigenen Parkplatz würden halten dürfen oder ob nicht der fußläufige Kauflandparkplatz angemessener daherkäme, folgte die obligatorische Taschenkontrolle. Highlight in diesem Jahr: Louis Hoffmann, seines Zeichen Offensivhoffnung der Hubertusburger und angehender Lehrer, schaffte es tatsächlich den bierkastengroßen Schminkkoffer seiner Herzensdame ins Stadioninnere zu schmuggeln. Den genauen Grund hinter dem interessanten Mitbringsel blieb der Wahl-Jenaer auf Nachfrage allerdings bis heute schuldig. Sei es drum, widmen wir uns dem Sportlichen.

Das lässt sich wiederrum einfach erklären. Für blau-weiße Finals gilt: die spielt man nicht gut, die gewinnt man. Erste halbe Stunde Fußball, dann Raktenschießen, Platzumackern, Fingernägel kauen, Drama erwarten und schließlich der Quadratschädel von Pascal Weidner. Als sich alles auf die Verlängerung einstellt, nickt dieser Kopfballhühne doch tatsächlich mit dem Rücken zum Tor, ohne genaues Wissen über sein eigentliches Zutun, grandios nach Patrick Kupfer Ecke zum 1:2 ein.

Eine Handvoll Spieler wird beim Jubellauf mit der persönlichen Sprintbestzeit gemessen und dann ist auch schon Schluss. Jubeltraube hier, tränenunterlaufene Augenhöhlen da. Mittendrin die Pokalmacher Dierk Kupfer und Mike Rische und natürlich sei er an dieser Stelle auch erwähnt: Klumpfuß Denny Beckedahl. Der das Kunstleder in der Anfangsphase der Partie zum zwischenzeitlichen 1:0 humorlos in die Ecke plauzte.

Das Stück Blech wird diesmal auf einem eigens installierten Podest gereicht und den lockeren Auflagen sei Dank, baumeln um die blau-weißen Astralkörper in diesem Jahr tatsächlich Goldmedaillen. Im allgemeinen Freudentaumeln reißen die ersten Bänder zwar schnell und der ein oder andere verliert das wertvolle Andenken zügig, aber was bleibt, sind wieder unvergessliche Erinnerungen. Geburtstagskind Robby Staude, der als das Wermsdorfer Urgestein mit der Kapitänsbinde um den Arm den Pott in die Höhe stemmt.

Jenö Kunfalvi ist bei der Siegerehrung mit Tibor per Videochat verbunden.

Das freudestrahlende Gesicht des fernab vom Rasen größten blau-weißen Helden aller Zeiten! Ein kleiner Junge, der die furchtbare Krankheit besiegt und sich zurück ins Leben kämpft und nebenbei die Hubertusburger Herzen schneller schlagen lässt, indem er vor Spielbeginn eine Videobotschaft an die Mannschaft richtet. Wie selbstverständlich mit einem Lächeln auf den Lippen und wie selbstverständlich mit Ball am Fuß und schließlich im Netz.

Was Tibor über Monate bewiesen hat und weiter beweisen wird, macht an diesem denkwürdigen Abend auch Louis Hoffmann deutlich. Der Wille versetzt Berge. Vor Spielbeginn nicht nur mit Fragezeichen ob des Schminkkoffers im Gesicht, schreibt der Stürmer im Hafenstadion zum Mannschaftserfolg seine ganz eigene Erfolgsgeschichte. 3 Tage zuvor noch aussichtlos knöchelverletzt, wird der Fuß am Finaltag so einbandagiert, dass halbwegs schmerzfreies Spazieren gehen möglich erscheint.

Was Louis aus dieser Chance macht, ist der Beweis für wahre Hingabe und Leidenschaft (und Dummheit?). 90 Minuten rackert er sich den Allerwertesten für seine Farben ab, kämpft nicht nur gegen Süptitz, sondern auch gegen den eigenen Kopf – und macht sich so zum vielleicht größten Sieger des Tages, zweifellos zu einem waschechten Hubertusburger!

Weitere Szenen kommen in den Sinn. Unsere Fotografen René Wegner und André Kamm sorgen dafür, dass die Momente für die Ewigkeit festgehalten werden und stehen dabei hier und da selbst kopfschüttelnd ob ihres Glückes und der Anteilnahme mittendrin statt nur am Rand. Die Einlaufkinder, die bei Herrn Beckedahl um eine Foto bitten.

Großeltern die ergriffen ihre Enkelkinder in den Arm nehmen. Paare die sich um die Hals fallen, Geschwister die sich innig umarmen. Freunde und Freundinnen die über beide Ohren strahlen. Dem Schreiberling qualmt schon die Tastatur, so schnell schießen die Erinnerungen vom inneren Auge aufs Display. Eine Portion Größenwahn erlauben sie sich dann auch noch. In Eintracht Frankfurt Manier hallen die Europapokal-Sprechchöre durchs Hafenstadion.

Das Flutlicht wird diesmal nicht direkt ausgestellt und eine rauschende Hubertusburger Nacht nimmt so richtig Fahrt auf.

Eine Busfahrt, die stimmungsmäßig selbst dem Mallorca Ausflug von Kegelbrüdern in nichts nachsteht. Ein Empfang an der Sachsendorfer Straße, der auch beim dritten Mal warm und ergreifend daherkommt. Das Beisammensein bis in die frühen Morgenstunden, umrahmt von Bierduschen, Pokalkelchtrinkereien, Gesangseinlagen und der ein oder anderen kleinen Episode mehr. Der wortwörtlich harte Kern setzt unter Regie von Marius, dem Schleifer, Lüderßen schließlich zum Sonnenaufgang zum Morgensport an, um den Regenerationsprozess zu beschleunigen. Als die Koordinationsleiter wieder eingepackt ist und auch der letzte Hopfensaft geleert ist, finden sich die handvoll tapferer Überlebender schließlich auf einer Turnmatte, eingekuschelt in alte Vereinsjacken wieder und gegen 7 Uhr fallen auch dem letzten Hubertusburger die Äuglein zu. Allerdings nur kurz, denn um 9 Uhr geht es zur wärmenden gemeinsamen Morgendusche und schließlich steht ja der nächste Feiertag schon an…

Was sich hier nun als launige Kurzgeschichte liest, stellt sich in der Realität als irrsinnige Reise dar. Zeit vollends sentimental zu werden.

Es soll in unseren Breiten Truppen geben, die treten zu entscheidenden Spielen einfach nicht an. Es gäbe auch solche Vereine, die über Monate hinweg an jeder Ecke versuchen mit Unwahrheiten oder Beschuldigungen Zwist zu streuen und Leistungen zu beschmutzen. Während manch eine Bande der Region mutmaßlich auch Punktgewinne bejubelt wie Weltmeisterschaften, soll es darüber hinaus gar solche geben, die Ihr Schaffen darauf auslegen, das Wirken Anderer direkt anzugreifen, zu schmälern oder gezielt zu schwächen. Es sei ihnen allen gegönnt. Wermsdorf bleibt Wermsdorf.

Legt die Steine in den Weg, unser gallisches Dorf bleibt nicht nur dank unseres Obelix mit der Nummer 37 das was es ist – Heimat und Familie! Die Ausgabe TZ-Bärenpokal 2021/2022 ist nun druckreif, die nächste Episode steht in den Startlöchern. So zwitschern die Vögel aus den Apfelbäumen im Obstland davon, dass der selbsternannte Geldadel aus der Nachbarstadt sich anschickt, mit allerlei Schabernack und unlauteren Mitteln an das Rezept des Hubertusburger Zaubertranks zu kommen. Der Singsang von Scheinen und Versprechen mag den ein oder anderen verfangen. Aber Autos sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Die Geschichte als Lehrmeister hat oft genug gezeigt, wie stabil solche Konstrukte daherkommen. Werte sind es die unser Zusammenleben erfüllen und darauf kann man sich am Fuße der Hubertusburg verlassen.

Dieser Text soll dabei keinesfalls als Anfall von Arroganz verstanden werden. Wir wissen genau wo wir herkommen und nicht zuletzt der diesjährige Ligaalltag führt uns die blau-weißen Grenzen teils schmerzhaft und deutlich vor Augen. Es sind unsere Fehler, Misserfolge und Niederlagen, die unsere Siege und Erfolge so einzigartig machen. Von beidem können wir am Fuße der Hubertusburg so langsam wahrlich ein Lied singen.

In dem Sinne, frei nach den Sportfreunden Stiller:
„Beim ersten Mal wars ein Wunder, beim zweiten Mal wars Glück, beim dritten Mal der verdiente Lohn…und alles was für Blau-Weiß noch kommt wird ´ne Sensation.“

Justus Keller/Bilder RW und AK