Spitzenspiel ohne Happy End
FSV Blau-Weiß Wermsdorf – FSV Beilrode 0:1 (0:0)
FuPa Statistik und Galerie und Elf der Woche
Am Samstag empfingen die verletzungsgebeutelten Wermsdorfer den Tabellenzweiten aus Beilrode zum Spitzenspiel an der Sachsendorfer Straße. Die Hubertusburger mobilisierten im Vorfeld nochmal alle verfügbaren Kräfte und konnten sich abermals in diesem Saisonendspurt auf die unverzichtbare Unterstützung der altgedienten FSV’ler freuen.

So war die Bank mit Benjamin Münch, Florian Böttger und Holger Siebert prominent besetzt und gleichwohl an Lebensjahren nahezu gleichalt aufgestellt wie die blau-weiße Startelf. Diese Startelf der Collmkicker, heute geleitet vom Gespann Schönitz-Staude-Beckedahl, kam dann bei aufziehenden Gewitterwolken auch mit mächtig Ladung auf die Wiese. Die Spielanlage von hinten raus mit Neu-Libero Max Thomas, der von der Frühschicht direkt in die Töppen schlüpfte, direkt griffig und mit entschlossenem Ballvortrag.

Tom Zielinski packt seinen Gegenspieler auf der rechten Bahn nach wenigen Zeigerumdrehungen in die zweite Reihe vom Karussell und dreht ihn einmal komplett ein. Ruven Frase denkt im Zentrum mit und kommt entgegen. Ballverarbeitung und Timing bei Frase passen, sodass die Startbahn hinter der Gästekette für Air-Hoffmann leuchtend grün aufblinkt.

Der Gummi-Jet beschleunigt leider zu schnell und vergisst das Spielgerät auf dem Gepäckband, sodass Beilrodes Sicherheitspersonal im letzten Moment den Schlechtwetterstopp erzwingen kann und den Abflug verhindert. Apropos schlechtes Wetter, das Krachen kommt dem Fuße der Hubertusburg immer näher. Damit soll nicht gemeint sein, das Spielgeschehen wäre grob unsportlich. Es geht zwar mächtig zur Sache, doch den Protagonisten ist der Respekt vor- und füreinander anzumerken. Im intensiven Innen- und Außenfight zeigen sich die blau-weißen Kirmeskicker dabei nach wie vor besser aufgelegt. Wieder geht es über den Flügel an der Coachingzone vorbei ganz schnell. Florian Grieser baut im Zusammenspiel mit Justus Keller und Tom Zielinski sehenswert den Angriff auf, Ballmagnet Frase zieht das Kunstleder an sich aber wird ähnlich wie kurz zuvor Hoffmann im Abschluss geblockt.

Die Wolken verdichten sich über dem Himmel und im Beilrode Strafraum, doch während der Regen einsetzt, verpasst es Wermsdorf sich niederzuschlagen. Den dritten Hochkaräter der Anfangsviertelstunde bringen abermals Zille und Ruby hervor. Bambi steckt außen durch, Ruby verarbeitet Ball und Gegner fußgewandt und lässt sich auch vom spitzen Winkel nicht irritieren. Der Abschluss ist unhaltbar, aber der Pfosten steht im Weg. Für den Rebound im Rückraum findet sich kein Abnehmer und so schickt Schiedsrichter Torsten Hanitzsch die Kontrahenten mit 0:0 bei zunehmendem Regen und Donnergrollen erstmal in die Katakomben. Unverhofft schnell zurück auf den Fliesen der Wermsdorfer Turnhalle gilt es den Fokus zu wahren und die Spannung nicht zu verlieren. Die Spielunterbrechung kommt dabei für die Wermsdorfer zur echten Unzeit. Zwar verziehen sich die Wolken recht schnell, doch der Flow der Anfangsviertelstunde ist ebenso verflogen. Nach rund 20-minütiger Unterbrechung zurück im Geschehen, müssen die Protagonisten erstmal vor- und sich wieder reinfühlen in die Angelegenheit. So scheint sich der blau-weißen Husarenritt in der Kabine ausgaloppiert zu haben und Beilrode kommt in der Fremde zur beabsichtigten Spielberuhigung.

Das System der Gäste greift nun besser und bei gepflegtem Ball durch die eigenen Reihen bleibt kein Raum für die Tempogegenstöße der Gastgeber. Das Spielgeschehen verlagert sich gen Zentrum und wirklich Nennenswertes passiert in keinem Strafraum. Entsprechend torlos geht es in die Pause. In der wird die Herausnahme von Außenverteidiger Philipp Springer unausweichlich. Wie sich Springi, bei dem infolge eines Foulspiels gute 20 Minuten lang ein Knochen am Spann des Fußes schief klemmte und der mittlerweile die Diagnose einer schwereren Verletzung samt Gips erhalten hat, überhaupt bis in die Kabine spielen konnte, grenzt schon an Wahnsinn, zeigt aber gleichwohl auch den FSV-Willen an diesem Tag.

Die Auswechslung der Nummer 20 sorgt allerdings für einige Verschiebungen im blau-weißen Firmament. Die veränderte Plattentektonik der Gastgeber mündet zwar nicht gleich zwangsläufig in Vulkanismus, doch unter der Oberfläche beginnt es mit Widerbeginn zu brodeln. Die Hubertusburger verlieren ihren Drive nach vorne und die Raumaufteilung im Anlaufen. Weil der Wermsdorfer Kampfhaufen weiter beständig füreinander ackert, bleiben Beilroder Torannäherungen zwar weiterhin gänzlich aus, doch auch die FSV-Offensive verweist nun zusehends. Ein Hoffmann Dribbling über links mit zu zögerlicher Ballverarbeitung von Justus Keller und ein Frase-Solo samt Abschluss ins Wolkenreich sorgen dafür, dass die blau-weiße Heldengeschichte des Topspiels, zumindest was Torgefahr im zweiten Durchgang anbetrifft, schnell auserzählt ist.

Hinten hält Libero Thomas seine Küken allerdings beisammen und rutscht doch mal etwas von jenseits der Elbe durch, dann funktioniert die Taktik des letzten Mannes. So nutzen sich beide Mannschaften zwischen den Boxen weiter ab. Beilrodes großer Vorteil an diesem Tag ist die Qualität von der Bank.

Vor allem die Einwechslung von Stürmer Rocky Wedehase sitzt und stellt die, dem Spieltempo langsam aber sicher Tribut zollende, Hintermannschaft der Heimelf vor neue Herausforderungen. Dembappe und Hanni halten auf der Sechs munter dagegen und lassen sich nicht so einfach den Schneit abkaufen, doch Spaß sieht anders aus.

In der Crunchtime explodiert dann der Boden unter den blau-weißen Füßen. Kapitän Justus Keller lässt seine Mitspieler bei einem Freistoß hoch rausschieben und Beilrode nimmt die Beinfreiheit dankend an. Niemand fühlt sich für den kurz zuvor eingewechselten Philipp Franke verantwortlich und der bedankt sich per Kopfballtreffer und KO-Schlag.

Den besiegelt die rote Karte nach Foulspiel von Holger Siebert wenig später endgültig und kurz darauf geht der Schlusspfiff im Gästejubel unter. Das 0:1 beendete die ohnehin nicht mehr hoch hängenden Meisterschaftsträume an der Sachsendorfer Straße so gnadenlos, wie es nur König Fußball kann. Trotz 100% Einsatz aus allen Mannschaftsteilen und der größtmöglichen Kraftanstrengung, zu der die Personaldecke momentan fähig ist, spricht das Ergebnis Bände. Nach der Niederlage einige Wochen zuvor an selber Stelle gegen Zschortau verliert Wermsdorf auch dieses Topspiel. Der vor der Saison ausgemachte Abstand zur Spitze der Liga wird dadurch ergebnistechnisch offenbar. Das auf dem Platz dabei in beiden Spielen deutlich mehr drin gewesen wäre, macht die Gemütslage für den Moment nicht wirklich rosiger. Doch noch auf dem Platz wird das Mundabputzen von Geburtstagskind Robby Staude recht positiv abmoderiert und spätestens beim ersten Flaschenklirren und einsetzendem Kabinenbeat geht der blau-weiße Blick dann schon wieder nach vorne. Wenn der Gegner mit 30-Mann trainiert und im eigenen Team gefühlt die Hälfte der Spieler nur dank der Zuhilfenahme vom IBU-Bonbon überhaupt spielfähig ist, dann darf man am Fuße der Hubertusburg trotz der erfolgreichen vergangenen Jahre vielleicht auch über ein Unterliegen nur durch eine miserabel-verteidigte Standardsituation so etwas wie Stolz fühlen.

Ja, diese FSV-Truppe hat Baustellen an allen Ecken und Enden und viele Fragezeichen werden wohl auch in der kommenden Saison unbeantwortet bleiben. Aber diese neue blau-weiße Generation hat in den zurückliegenden Wochen und vor allem samt dem Eindruck der Hinrunde beweisen, wie resistent sie diese Problemfelder handhaben kann. Einsatz, Leidenschaft und Freundschaft an mindestens genauso vielen Ecken und Enden sind in dieser Saison gewahr geworden und machen Hoffnung für die Zukunft. In der gilt es zweifellos kleine Brötchen zu backen, sich der eigenen Möglichkeiten bewusst zu sein und demütig von Woche zu Woche zu schauen. Getreu der Wermsdorf eigenen DNA darf damit einher aber niemals Gleichgültigkeit, Resignation oder Unmut gehen. Entsprechende Tendenzen scheinen, so der Eindruck der zurückliegenden Wochen, durch den Sommerumbruch 2023 getilgt worden zu sein. Sinnbildlich für diese Entwicklung stehen Jungs, die in dieser Saison aus dem Nichts kamen und aus der Startelf oder dem blau-weißen Vereinsleben nicht mehr wegzudenken sind. Sinnbildlich für diese Entwicklung stehen die Urgesteine Robby Staude und Denny Beckedahl, die schon längst von Board hätten gehen können, sich stattdessen aber intensiver denn je hinters Steuer klemmen. Sinnbildlich für diese Entwicklung stehen zurückgetretene Spieler, die es nichts mehr angehen müsste und die trotzdem die Knochen hinhalten und zur Stelle sind. Sinnbildich für diese Entwicklung stehen verletzte Spieler, die sich nicht in Luft auflösen, sondern ihre Jungs von draußen unterstützen und akribisch am „comeback stronger“ (oder so ähnlich) arbeiten. Sinnbildlich für diese Entwicklung steht aber vor allem auch schlichtweg der Sinn hinter dem ganzen Zirkus und der wurde an der Sachsendorfer Straße spätestens 20 Uhr mal wieder offenbar, als die Hubertusburger-Meute mit Kaltgetränken und Fleisch(alternativ)produkten verköstigt (Danke an Nicole und Robby!), in kollektiver Glückseligkeit auch ohne drei Punkte in der Tasche dazu ansetzte, sich eben jene Taschen mit allerlei mehr oder weniger Gehaltvollem so ordentlich vollzuhauen. Während der ein oder andere dabei frühzeitig die Segel streichen musste, trieb es eine erlesene Auswahl an FSV-Schlachtenbummlern vom DFB-Pokalfinale weg noch in unterschiedliche Himmelsrichtung gen Schlössernacht oder Ganzig hinfort. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute und werden den blau-weißen Weg gemeinsam weiter gehen. JK