Letztes Punktspiel mit einer Hubertusburger Saisoneinschätzung von Justus Keller

FSV Krostitz II – FSV Blau-Weiß Wermsdorf 2:3 (1:0)

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Mit einer Ausfahrt nach Krostitz machten die Blau-Weißen am vergangenen Samstag den finalen Stempel unter die Saison und stellen die Spielzeit 2021/2022 nach einem abschließenden Sieg nun zu den Akten. Dort kann die Erfolgsgeschichte der Runde mit Pokalsieg-Tripple und Vizemeisterschaft jetzt gebührend verherrlicht werden. Hinter den Hubertusburgern liegt die beste Saison der Vereinsgeschichte. Auch wenn nicht alles Licht war und neben abermaligem Corona-Chaos vor allem die blau-weiße Trainingsbeteiligung und Personaldecke in den letzten Wochen arg gelitten hat, so bleiben unterm Strich wieder Momente für die Ewigkeit.
Doch zunächst noch der naheliegendste Blick zurück auf das Geschehen am Rande der Brauerei. Während die Krostitzer Reserve dem Abstiegssog mit letzter Verzweiflung und allen Mitteln noch irgendwie entgehen wollte, fürs Freischwimmen gar die ein oder andere ungeahnte Schwimmhilfe zu Rate zu ziehen versuchte, ging es für Blau-Weiß neben der goldenen Ananas gleichwohl um im Sinne der Sportlichkeit fairen Wettkampf allen im Abstiegskampf befindlichen Parteien gegenüber und somit nochmal darum, die letzten Reserven zu mobilisieren, um dem eigenen Tabellenplatz gerecht zu werden.

Blickwinkel Gästecoachingzone

Leider konnte die Kaderbesetzung diesem Anspruch nicht ganz schritthalten. Nicht mal ein etatmäßiger Trainer konnte in Krostitz nunmehr an der Seitenlinie seinen Senf dazugeben, da Mike Rische krankheitsbedingt kurzfristig im heimischen Gefilde verweilen musste. Die erste Umstellung des Tages spülte also Marius Lüderßen und Pascal Weidner in den Staff.

Blickwinkel Marius

Der als gewiefter Taktikfuchs bekannte Erdbeerlimes Lieferant und sein Assistent, seines Zeichens quadratschädliger Sportinvalide in temporärer Kreisoberliga Frührente, formierten nach bestem Wissen und Gewissen (und dem spärlich vorhanden Rohmaterial) das Schlagfertigste, was Blau-Weiß an diesem Tag noch zu bieten hatte. Im Sturmzentrum mit Holger Siebert und Sascha Hartig zwei Schlachtenbummler und Figther vor dem Herren, dahinter auf den Flügeln mit Johannes Keller und Kevin Schmidt Geschwindigkeitszüge, auf die die deutsche Bahn neidisch wäre (nicht schnell aber pünktlich zum Treff) und ansonsten das ein- oder überbespielte Stammpersonal um Sechser Benjamin Münch, in seinem letzten Pflichtspiel für den FSV.

Münchi

Mit dem ewigen 16er, dessen Karriereende schon vor einiger Zeit mit Kreuzbandriss bevorzustehen schien, hängt eine Wermsdorfer Institution seine Schuhe an den Nagel, die eine schmerzliche Lücke reißen wird. Münchi entwickelte sich über die Jahre in Blau-Weiß zuerst spielerisch und mit Ankunft der „neuen Generation“ nach und nach auch mental zum uneingeschränkten Führungsspieler. Immer mit höflichen Verbesserungsvorschlägen und konstruktiven Anmerkungen zum Wetter, der Platzbeschaffenheit oder dem Unvermögen seiner Nebenmänner (bevorzugte Nummern waren vorhanden), wird der Spielmacher in der Kabine fehlen, wenngleich man sich einig ist, dass seine Fußballkompetenz von den Zuschauerrängen noch das ein oder andere Mal zum Tragen kommen wird. Danke Münchi! Und damit genug der Lobhudelei, hinein ins letzte Saisonspiel. Wermsdorf braucht um im Geschehen anzukommen, holt sich als Startbonbon in der 6. Spielminute direkt noch den 1:0 Rückstand durch Dennis-Sven Radig. Während sich die Gäste in der Folge hineinarbeiten, deutlich mehr Spielanteile haben und Ansätze erkennen lassen, sind es die Platzbesitzer mit den größeren Chancen. Radig, Aushilfe aus der Krostitzer Landesklassemannschaft, setzt den Ball bei einem Standard an den Pfosten, Robyn Staude hält den Rest souverän.

Auf der anderen Seite zählt ein Treffer nach vermeintlichem Abseits nicht und Holger Siebert hat das falsche Kaliber eingepackt. So geht es mit dem blau-weißen Rückstand in den Pausenschatten. Wermsdorf ziemlich down, aber noch lange nicht am Boden. Das Kammerflimmern hält zwar noch bis zur 70 Spielminute, doch dann packt der angehende Mediziner Dominik Weidner auf der rechten Bahn den Defibrillator aus, schickt Johannes Keller auf die Reise, der wiederrum seinen Bruder Justus per Flanke im Strafraum bedient.

Dominik

Der Kapitän setzt das Kunstleder per Kopfballbogenlampe in die Maschen und die Hubertusburger sind wiederbelebt. Jetzt kommt so richtig Hefe in die Brühe. Krostitz macht deutlich, dass man nicht nur im Vorfeld auf komische Ideen gekommen ist. Auf dem grünen Geläuf schließt sich nun die ein oder andere fragwürdige Aktion dieser grotesken Saga an und mit den Blau-Weißen ist hier natürlich genau der richtige Sparringspartner gefunden. Weil sich die Gäste nicht einfach abfischen lassen wollen und angetreten sind, um drei Punkte zu holen, hat Schiedsrichter Stefan Piknik allerhand zu tun. Justus Keller tut sich in gewohnt unbequemer Manier zum Rohrspatz hervor, hat aber immerhin auch noch sportliche Argumente im Gepäck. Ein feiner Ball vom wie immer pulsberuhigten Benjamin Münch auf Abschiedstour bedient in der 81. Minute Keller, der mit links durch die Hosenträger vom Krostitzer Schlussmann zum Führungswechsel einnetzt. Die Platzbesitzer, die nur ein Sieg retten kann, kommen vom Anstoß weg zwar umgehend wieder zum Ausgleich durch den abermaligen Radig, doch Blau-Weiß hat noch ein Ass im Ärmel. Der vom tollkühnen Trainerduo eingewechselte Nachwuchsmann Matti Lehmann betritt die Bühne. Drei Minuten vor Ladenschluss ist es Patrick Kupfer, der Lehmann am linken Sechzehnerkreuz in Szene setzt. Da dort für den Linksfuß ein denkbar ungünstiger Schusswinkel vorzufinden ist, scheint die Situation schon zu verpuffen. Doch galant wie eine Baumnatter windet sich Lehmann aus dem Schlamassel heraus, umkurvt grazil den verdutzten Gegenspieler, der sein Vater sein könnte und setzt tatsächlich zur fulminanten Rakete mit dem rechten Huf an.

Matti (2.v.l.) hat getroffen

Leider wird nie aufgelöst werden, wo der technisch hochwertige Schlenzer eigentlich gelandet wäre. Das Spielgerät wird vom Krostitzer Abwehrspieler in verzweifelter Not abgefälscht und ändert die Richtung grundlegend, hin ins linke Kreuzeck. Lehmann lässt die Hubertusburger zum Auswärtssieg abbiegen und besiegelt das Schicksal der Gastgeber. Wenn Justus Keller dem Egoisten in sich hätte Einhalt geboten, könnte Lehmann kurz darauf gar noch den Doppelpack schnüren.

Doch Wermsdorfers Kapitän umgeht den völlig blanken Nebenmann und vergibt lieber kläglich, dann ist auch schon Schluss. Schluss mit der letzten kräftezehrenden Auseinandersetzung und Schluss mit dieser Spielzeit, die der FSV schließlich mit der Ausbeute von 53 Punkten in 22 Spielen bei einem interessanten Torverhältnis von 72:27 auf dem Silberpodest abschließt.

Der Weg nach oben zum verdienten Meister Schenkenberg nicht zuletzt aufgrund der beiden Niederlagen in den direkten Duellen zu steinig, nach unten zum Drittplatzierten aus Süptitz aber gleichwohl komfortabel abgesichert. Hinter den Kupferlingen liegen prägende Momente einer bewegten Saison. Angefangen mit sommerlichen Hochgefühlen zu Beginn auf Platz eins, bis zur Oktoberdelle mit Flori Böttgers Achillessehnenverletzung und der schmerzlichen Schildau-Niederlage, schließlich zurück in die Zukunft hinein in eine weitere Corona Zwangspause. Nach der verabschiedet sich zu Beginn von 2022 erstmal Justus Keller nach Barcelona, während die Teamkollegen im Frühjahr an der Sachsendorfer Straße in den Fußballalltag zurückkehren und das Ticket zum dritten Flutlichtfinale in Folge im Hafenstadion durch zwei nervenaufreibende Derbysiege über Dahlen und Oschatz buchen. Im Mai verabschieden sich die FSV’ler schließlich aus dem Titelrennen, übernachten aber nach einer weiteren rauschenden Torgau Nacht auch freudetrunken direkt auf dem heimischen Sportplatz. Der Juni wird mehr Qual als Vergnügen, gerät dank Derbysieg gegen Dahlen gemessen an der stark ausgedünnten Personaldecke dann aber doch recht erfolgreich.
In den wenigen Wochen der Sommerpause, die sich kaum nach Ruhe anfühlen werden, gilt es in Blau-Weiß nun wieder Abstand zum erlebten zu bekommen und den Fokus neu zu setzen. Das Lazarett hat jetzt eine handvoll Wochen um sich zu erholen, die Wechselperiode und Rücktritte werden einige Veränderungen auch in der FSV Zweitvertretung mit sich bringen, in denen der Wermsdorfer Kader neue Züge annehmen wird, wenngleich er im Kern das bleibt was er ist. Eine Mannschaft, die auch in den letzten Monaten wieder eine unglaubliche Reise hingelegt hat.

Wir sind wer wir sind, mit unseren Fehlern und Macken. Wir sind eklig auf der Wiese und schenken keine Grashalmbreite her. Wir meckern oft und fühlen uns zwangsläufig im Unrecht. Wir können keine Standards verteidigen und hauen den Ball zur Not lieber einfach mal raus. Wir trainieren nicht so gewissenhaft, wie wir sollten und wir trinken manchmal zu viel Apfelsaft. Wir sind blau-weiß und wir sind eine Familie. Und deshalb freuen wir uns, auf alles was da noch kommt.

Ihr könnt versuchen mit Scheinen zu wedeln, um uns kaputt zu kriegen. Wir freuen uns für jeden, der mit seinen krummen Ruten in unseren Breiten sogar noch was für die steigenden Gaspreise dazuverdienen kann. Euren Rufen werden aber nur die folgen, auf die wir gerne verzichten. Unsere Bezahlung ist Geschlossenheit, Zusammenhalt und wenn es ganz hoch kommt sogar mal eine Roster (oder Grillkäse) von Erika. Ihr könnt euch für Teilerfolge feiern wie die Großen. Wir freuen uns, wenn der Fußball in der Region wacker bleibt. Wir zeigen dann unter Flutlicht, wie es richtig geht.

Ihr könnt auch gerne von außen unseren Ruf denunzieren oder ähnliches befeuern. Wir freuen uns darauf, dann alleine vor etwaigen Gremien zu stehen. Noch viel mehr freuen wir uns aber darauf in der Zukunft unsere blau-weiße Antwort zu geben. Auch wenn wir zwei Farben ganz klar bevorzugen, ist unser Verein und die Gemeinde die wir repräsentieren bunt und offen und wir stehen für Werte von Toleranz und Gemeinschaft.

Ihr könnt uns natürlich auch mal wieder vorm Spiel anrufen. Klar freuen wir uns über gutes Essen, ein paar isotonische Getränke oder haben gerne eine volle Mannschaftskasse. Das Bier sollte dann aber erstens wenigstens schmecken oder zweitens maximal eine Siegprämie sein.

Was ihr Schiris nun aber wirklich unbedingt gerne weiter machen sollt: unsere Spiele pfeifen. Wir freuen uns jede Woche auf euch, denn all das könnten wir ohne euch nicht erleben, fühlen und teilen. Auch wenn das an der Sachsendorfer Straße ob unseres aufbrausenden Gemüts und der kollektiven Emotionalität oftmals zu kurz kommt, wir sind euch wirklich dankbar für euren Einsatz und eure Bereitschaft, Woche für Woche der Rahmen für unser Gestolpere zu sein. Wir werden uns bessern, hoffentlich.

Zu guter Letzt. Ihr könnt gerne überall verbreiten, dass Wermsdorf „lächerlich“ ist und uns keiner leiden kann. Wir freuen uns, euch sagen zu können, dass wir uns selber auch nicht ernst nehmen können. Das euch auch keiner dazu zwingt, den Senf von unserer Website zu lesen oder auch nur ein Fünkchen Betroffenheit zu fühlen. Aber da gibt es ja so ein Sprichwörtchen von den getroffenen Hündchen. Wir freuen uns abschließend auch, euch sagen zu können, das uns letztlich herzlich egal ist, was unsere Gegner über uns denken. Na gut, außer in Beilrode. Wir sind wer wir sind und wenn wir nichts haben, dann haben wir immer noch uns. Blau-Weiß. Und das ist mehr als genug für ein Leben.