Dank Zusammenhalt und Entschlossenheit – Wermsdorf ringt Glesien nieder und dreht das Spiel in Halbzeit 2
FSV Blau-Weiß Wermsdorf – FSV Glesien 2:1 (0:1)
Nachdem es in der Vorwoche eine bittere Niederlage in Naundorf setzte, bei der die Wermsdorfer viele ihrer Stärken vermissen ließen und verletzungsgebeutelt teils desolat über die Wiese irrten, stand am Samstag an der Sachsendorfer Straße Wiedergutmachung auf dem Programm. Mit dem FSV Glesien gastierte dazu allerdings alles andere als ein Aufbaugegner am Fuße der Hubertusburg. Die Jungs vom Flughafen sind zwar 24/25 neu in der Nordsachsenliga, doch dabei kein gewöhnlicher Aufsteiger. Aufseiten der Blau-Schwarzen ist so einiges ehemaliges Landesligapersonal angestellt und die Marschrichtung dadurch durchaus ambitioniert gesetzt. Im blau-weißen Lager hingegen war die Personallage in Analogie zu den Vorwochen wieder mal streng auf Kante genäht. Mit Max Thomas und Louis Hoffmann verabschiedeten sich zwei Säulen der Juretschke-Elf in den wohlverdienten Urlaub. Dafür kehrten glücklicherweise mit Tom Zielinski und Pascal Weidner zwei Stammspieler zurück und da auf Altmeister Holger Siebert wie eh und je Verlass ist, bekam man dann doch wieder eine spielfähige Bande zusammen.

Über 70 Zuschauende wohnten dem (gefühlt) ersten Hubertusburger Spiel der Saison, in dem das Thermometer mal unter 30 Grad anzeigte, bei und blickten vorfreudig auf das Duell der beiden Mannschaften aus der oberen Tabellenhälfte. Florian Grieser führte seine Farben in Vertretung des erkrankten Justus Keller an diesem Tag als Mannschaftskapitän aufs Feld und damit war es angerichtet. Es sollte ein denkwürdiger FSV-Auftritt werden, auch wenn zunächst nicht viel darauf hinzudeuten schien. Zwar können die Blau-Weißen von der Startklappe weg punktuell vielversprechend in den Vorwärtsgang schalten, doch der Rückwärtsgang um Neu-Libero Philipp Springer ruckelte noch. Es entwickelt sich in der Anfangsviertelstunde ein Abtasten mit optischen Vorteilen für die Gäste, die den Ball gut durch die eigenen Reihen laufen ließen. Die größte Chance bietet sich allerdings für Luppa-Süd, als Tim Höhnel von Ruven Frase freigespielt wird. Der Sommerneuzugang kann sich nur leider nicht entscheiden, ob nun die gnadenlose rechte Maucke ausgepackt wird oder doch auf den altbewährten linken Zauberhuf zurückgegriffen wird und so versandet der Angriff in aussichtsreicher Position. Auf der anderen Seite spielt sich Glesien immer näher an den Sechzehner. Die Gastgeber haben vor allem im Zentrum ihre Mühen, die Zuteilung aufrechtzuerhalten. Nach 27 Zeigerumdrehungen ist es soweit und das vormals noch tatkräftig unterstützende Abseits hat auch ausgedient. Eine Hereingabe findet den blanken Tim Schwarz, der aus dem Lauf per Kopfballbogenlampe über Robyn Staude hinweg trifft. Die Führung erzeugt Wirkungen bei den Hubertusburgern. Die Situation in dieser Spielzeit nicht neu und die FSV-Truppe als Einheit in sich gefestigt. So erweckt der Rückstand das blau-weiße Kämpferherz gegen den gut aufgelegten Gegner nun vollends. Wermsdorf stemmt sich gegen die Entwicklung des ersten Durchgangs und bekommt seine Reihen geordnet. Zweimal wird Glesien mit der Führung im Rücken noch gefährlich und das Dusel hilft, dann kündigt sich der blau-weiße Wahnsinn so langsam an. Pascal Weidner büffelt über die linke Bahn an Freund und Feind vorbei gen Grundlinie und bedient Ruby im Rückraum, der den schnellen Abzug wählt und dabei leider am Tor vorbeischiebt.

Ein Fingerzeig und Mutmacher für Durchgang zwei nochmal kurz vorm Pausentee ist damit nichtsdestotrotz gefunden. In der Kabine klickt das Trainergespann um Sven Juretschke und seine Co’s Robby Staude und Denny Beckedahl die goldrichtigen Schalter. Die Neusortierung der vordersten Pressinglinie erweist sich als spielentscheidend und wird zum Trumpf des zweiten Spielabschnitts. Vom Wiederanpfiff weg zeigen sich die Collmkicker griffig wie die Spielfiguren vom SOS-Affenalarm und lassen sich nun keine Lücken mehr in die wohlgeordnete Palme reißen. Philipp Springer schwingt sich in tiefster Position zum Chef der Horde auf und sichert durch bockstarke Eins-gegen-Eins-Aktionen den Vorwärtsdrang seiner Kumpanen. Eine Ecke von Johannes Keller nach 51. Spielminuten setzt diesem Eindruck die Krone auf. Zwar rutscht der Koloss von Luppa beim Standard noch weg, doch das Kunstleder ist schon als gefährliches Geschoss Richtung Glesien-Box unterwegs. Pascal „Quadratschädel“ Weidner dreht von der Grundlinie startend die Uhren zurück und macht es pokalfinalesk, spurtet mit letzter Entschlossenheit in die Flugbahn des Spielgeräts, ist dabei schneller und höher unterwegs als der gegnerische Schlussmann, hält die Rübe eifrig in den Wind und verlängert damit die Lebensdauer der Hereingabe äußerst erfolgreich direkt auf den Schlappen des Glesiener Verteidigers. Dem hilft am Fünfer nun auch nicht, dass er im Vorfeld keine Gelegenheit ausließ, auf seine bemerkenswerte Karriere und seinen implizit beachtlichen Werdegang vom sächsischen Oberhaus hin in die Kreisklasse West hinzuweisen. Mit aller semiprofessioneller Spielerfahrung wird die Murmel über die eigene Linie gedrückt. Keiner der umstehenden Dorfkicker hätte es besser machen können, aber die haben halt auch alle nie höher gespielt. Jubeln können sie dafür in jedem Fall wie die ganz Großen und den Zugang zum Geschehen muss die Heimelf in der Folge nicht weiter suchen. In einem munteren Schlagabtausch weisen die Juretschke-Schützlinge nach, dass Teamgeist und Geschlossenheit individuelle Vorzüge und spielerisches Übergewicht ausgleichen können. Mit zunehmender Spieldauer machen sie deutlich, dass jene blau-weißen Attribute die Stärken des Gegners gar niederringen können.

Sinnbildlich dafür pflügt Weid(n)i unermüdlich über die linke Bahn, gibt Springi als Libero das fleischgewordene Stoppschild oder ackert der eingewechselte Berserker Mücke im Sturm von A nach B und zurück, als hätte er auf der Bank noch den Zaubertrank von Miraculix inhaliert. Keller scheitert zweimal per Freistoß denkbar knapp. Weidner und Frase kommen aus spitzem Winkel jeweils nicht mehr entscheidend zum Abschluss und auch der obligatorische Tritt gegen den durchbrechenden Ruby darf in dieser Phase nicht fehlen. Glesien hadert und kommt vornehmlich nur noch durch ruhende Bälle zu Strafraumaktionen. Und dann wäre da noch das finale Beispiel dafür, dass die Fischbüchse am Fuße der Hubertusburg wieder mit ganz blau-weißer DNA gefüllt ist. Minute 84, Auftritt Tom „die sind alle größer und stärker als ich“ Zielinski. Bambi wird auf Höhe der eigenen Kabine bedient und hat aufgrund der ausufernden Anfeuerungsrufe von dort gar keine andere Wahl, als das Herz in die Hand zu nehmen und den Weg Richtung gegnerischer Box einzuschlagen. Der Antritt erwischt den Gegner auf dem falschen Fuß, die Ballführung ist gefährlich geradlinig und offensichtlich hat Zille die Böttger 16er-Masterclass besucht. In der Box sucht die neue blau-weiße Nummer 10 das Eins-gegen-Eins, setzt sich durch und nimmt den Kontakt an. Unter tosendem Applaus von außen gibt es keine zwei Meinungen und Demba Mbye wird an den Elfmeterpunkt gebeten. Glesiens wortgewandter Schlussmann ist gen Ecke unterwegs, während Dembappe das Kunstleder kompromisslos zentral einbastelt und sich kurz darauf in einer blau-weißen Jubeltraube wiederfindet.


Bis zum Schlusspfiff müssen sich die Gastgeber nun noch der letzten Welle der Gäste erwehren und vor allem in der Luft hellwach sein. Robyn Staude hält seinen Laden zusammen und fischt weg, was durchrutscht. Dann erklärt Schiedsrichter Frank Lorenz, der mit seinen Assistenten einen Sahnetag erwischte und eine souveräne Spielleitung an den Tag legte, die Veranstaltung für beendet. Glesien darf noch einmal die ein oder andere Bemerkung unter der Gürtellinie vom Stapel lassen, aber die drei Punkte bleiben an der Sachsendorfer Straße. Mit Moral und Einsatz sowie durch eine kollektive Steigerung im zweiten Durchgang verdienen sich die Hubertusburger den Dreier, der keinesfalls selbstverständlich daherkommt. Die spielstarken Gäste müssen sich dem blau-weißen Mannschaftsgeist geschlagen geben. Der brauchte zur vollen Entfaltung allerdings mal wieder einen Rückstand und muss sich daher hinterfragen, warum es nicht von Beginn weg funktioniert. Die vorwöchentliche Niederlage gegen Naundorf dient hierbei als bester Beweis dafür, dass der Weg zum Comeback nur durch Willen allein nicht vorprogrammiert ist. Bei den schwierigen nächsten Aufgaben gilt es daher über 90 Minuten durchweg auf Höhe des Geschehens zu sein und dabei die Ordnung vom Anpfiff weg zu finden. Die Personalsituation wird dabei auf absehbare Zeit wohl erstmal angespannt bleiben und jeder Einzelne muss weiter sein Maximum leisten, um den Erfolg des Teams zu forcieren. Es werden spannende Wochen am Fuße der Hubertusburg, wo man seit Samstag neben drei Punkten dank der Gäste auch um eine Schuhsohle, etliche Tapefetzen, die ein oder andere Nivea-Creme und eine beachtliche Kronkorkensammlung für den nächsten runden Geburtstag reicher ist. Gerne bei der Gelegenheit als Anregung für zukünftige Reisen (auch wenn „nur“ durch Nordsachsen und nicht gleich dem ganzen Land) mal in den Browser der Wahl die Schlagworte „Rumänien“ und „Kabine“ eingeben. Es muss ja kein Liebesbrief sein, aber auf eine gewisse Etikette haben wir uns dann doch sogar auf dem Dorf geeinigt.
