FSV Blau-Weiß Wermsdorf – Auswertung der Hinrunde von Justus Keller

Die Feiertage sind überstanden, der Jahreswechsel abermals geglückt und während es nun bei so manch Blau-Weißem gilt, den ein oder anderen Festbratenkilo von den Rippen zu bekommen um die Durchschnittshobbykickerkörper wieder auf annähernd vom Arzt empfohlene Bodymaßindexwerte zu bringen, ist es wieder einmal an der Zeit, die vergangene Hinrunde im kurzen Überblick Revue passieren zu lassen.

Hinter den Hubertusburgern liegt eine bewegte zweite Hälfte 2019, mit viel Licht, für das Schatten aber leider nicht unabdingbar war. Der blau-weiße Weg ist um einige Kapitel reicher, auserzählt scheint die Geschichte noch längst nicht. Der Abschnitt zur letzten Spielzeit des Jahrzehnts beginnt bei heißen Sommertagen, ist gekennzeichnet von schweißtreibender Trainingsarbeit. Während eigentlich schon der Weg zum Pool zu viel ist, zählt an der Sachsendorfer Straße keine Ausrede. Der Startschuss in die neue Saison fällt unter Rekordkulisse. Das aus logistischen Gründen den Festlichkeiten zur vergangenen 90-Jahrfeier um ein Jahr nachgelagerte Aufeinandertreffen mit Lokomotive Leipzig Ende Juni wird zum frühen blau-weißen Höhepunkt.

Sponsor Jürgen Hessel macht das Aufeinandertreffen seiner Herzensklubs möglich, sieht zusammen mit 500 Zuschauern einen knappen 10:2 Sieg des Regionalligisten, eine sich über weite Phasen teuer verkaufende Kupfer-Elf und ein rundum gelungenes Fußballfest mit ausgelassener Party.

Die FSV-Kicker setzten hier gleich neue Trainingsreize, inwiefern Wettrutschen über eine eingeseifte Plane mit anschließender Getränkeverköstigung trainingsmethodisch als relevant eingestuft werden kann, wird sich noch zeigen, die Studie wird wohl im kommenden Sommer fortgesetzt werden. Stimmungsvoller kann man jedenfalls kaum, Achtung verheerendes Wortspiel, in die neue Spielzeit gleiten. Doch recht zügig ist der Freude genüge getan. In harter Trainingsarbeit heißt es für die Hubertusburger nun, die Grundlage legen für eine weitere überzeugende Nordsachsenliga Saison. Zwei Bronze-Plätze in Folge dabei gleichwohl Ansporn, Ziel vor Augen und Druck. Nicht nur das blau-weiße Selbstverständnis ändert sich in diesem Sommer, auch die Wahrnehmung im Umkreis und der Liga hat sich zweifellos gedreht. So steht neben fußballspezifischer Ausdauer als Hauptessenz der eigenen DNA mit viel Arbeit am Aufbauspiel ein lange stiefmütterlich gehandhabter Bereich auf dem Programm, in dem noch viele Reserven liegen. Insbesondere für den eigenen Spielaufbau sollen neue Varianten her, um gegen zu vermutend tiefer stehende Gegner Lösungen zu finden. Dabei fehlt in der Umkleidekabine wie auf dem Platz fortan ein Mann, der seine Spuren an der Sachsendorfer Straße hinterlassen hat. Sebastian Freiberg soll in der anstehenden Spielzeit 19/20 zwar nochmal für einen personalnotbedingten Kurzeinsatz über 14 Minuten zurückkehren, steht der Vorbereitung diesmal aber nur als Fitnesstrainer und Motivator vom Seitenrand bei. Der Malkser, jahrelanger Fels in der Brandung, hinterlässt ohne Zweifel eine Lücke im Mannschaftsgefüge, die es zu schließen gilt. Außerdem erklärt mit Benjamin Münch ein weiterer Stammspieler der letzten Jahre nach schwerer Verletzung in der Vorsaison seinen endgültigen Rücktritt. Zeit für Veränderung in Wermsdorfs Schaltzentrale, der Doppelsechs. Freibergs Position als Fixpunkt auf der defensiven Mittelfeldposition übernimmt Naundorf Neuzugang Patrick Kupfer. Vom Größenverhältnis ein ganzes Stockwerk tiefer beheimatet, erhofft sich dessen Onkel in Trainerfunktion vom neuen Mann vor allem spielerische Akzente und Ballkontrolle. Als Nebenmann auserkoren: Tom Köppe. Dessen Schonzeit nach Juniorenübergang damit endgültig vorbei, der Sprung zum Startelfspieler in seiner dritten Seniorensaison greifbar. Wermsdorfs Start in die Spielzeit wie eh und je, mit einer ganzen Reihe an verlorenen Testspielen. Nach katastrophalen Auftritten in Wurzen oder Kreinitz steht fest, das Tor treffen sie in Blau-Weiß, mittlerweile gerne auch im neuen schicken weiß-blauen Gewand unterwegs, nach wie vor wenig effektiv und Urlaube, Verletzungen oder anderweitige Verpflichtungen verhindern abermals entscheidend aussagekräftige Spielerkenntnisse. Erster echte Gradmesser die erste Pokalrunde, in der das Nordsachsenligapersonal bei ihrer Zweitvertretung im Derby gegen Wacker Dahlens erste Garde aushilft und gleich den ersten Derbysieg feiern darf. Ausrufezeichen und Segel gesetzt, so glückt auch in der Liga ein gelungener Start. Die Aufsteiger aus Doberschütz-Mockrehna und Belgern unterliegen den Kupferlingen.

Auf alle aufkommende Euphorie Anschluss mit den sich abzeichnenden Spitzenteams aus Zschortau und Torgau halten zu können gibt der folgende Auftritt in Schildau die Abrissbirne. Die Mannen um Kapitän Benjamin Schönitz lassen sich vom destruktiven Spiel der Gastgeber verunsichern und ziehen in der Hitzeschlacht bei den Schildbürgern mit 1:0 den Kürzeren. Damit denkbar frustrierend geendet, Bestrebung den September zum goldenen Monat zu machen umso größer. Tatsächlich finden die Hubertusburger angeführt von Doppelpacker Flori Böttger die richtige Antwort, fegen Dauerrivale Mügeln-Ablaß in der zweiten Pokalrunde mit 3:0 von der mit 250 Zuschauern bestens gefüllten Sachsendorfer Straße.

Die Segel wieder im Wind, Wermsdorf bringt sich in Stellung. Ein dominanter Heimsieg gegen Vorjahresvize Süptitz und ein ungefährdeter 3:1-Auswärtserfolg gegen die Wackeren aus Dahlen machen das nächste Heimspiel gegen Hartenfels Torgau zum echten Spitzenspiel. Blau-Weiß mit der Chance auf Platz zwei vorzurücken, hält gegen die individuell überlegenen Gäste um ihr Sturm-Dreigestirn aus Hache, Tänzer und Drabon grandios dagegen, 153 Zuschauer sehen ein gutklassiges Spiel mit Wermsdorfer Feldvorteilen.

Doch der große Aufwand der Kupfer-Elf wird nicht belohnt, ein Glanzmoment der angesprochenen Kombi entscheidet das Topspiel und schiebt den FSV ins zweite Glied. Eine Partie mit vielen Schlüsselerkenntnissen für die Hubertusburger, ähnlich vergangener schmerzhafter Niederlagen, aus denen bisher noch immer richtige Schlüsse gezogen werden konnten und Erfahrung, die zur Entwicklung der jungen Führungsspieler, so bitter sie seien mögen, dazu gehören. Die Chance zur Revanche wird kommen, doch dazu später und an anderer Stelle hoffentlich mehr. Die Kupferlinge bleiben sich also treu, der Start in den neuen Monat wieder damit behaftet, eine Reaktion zu zeigen. Danach sieht es in einer zähen Partie zuhause gegen Zwochau lange nicht unbedingt aus, wird das Fangnetz hinter dem Gästetor doch ordentlicher Prüfung unterzogen, doch Dominic Arendt als Einwechsler angetreten um seine Farben zu erlösen, sorgt für den goldenen Treffer.

Eine hitzige Schlussphase kostet außerdem Jungspund Sebastian Körner, der den gegnerischen Provokateuren auf den Leim geht und dadurch immerhin zum Fischerfest frei hat. Wir sind mittlerweile also am zweiten Oktoberwochenende und frei ist das richtige Stichwort, galt dies doch für Blau-Weiß seit jeher für etwaige danach stattfindende Pokalrunden. Traditionell fällt Runde drei im TZ-Wettbewerb mit jenem über die Dorfgrenzen hinaus geschätzten Festzeltgelage zusammen, in der Vergangenheit oft vergeblicher Charaktertest oder zumindest schlechtes Omen für Wermsdorfer Pokalbestrebungen. Dem Trend ein Ende setzten und Rache nehmen für die Liganiederlage also die Mission beim abermaligen Antritt in der Gneisenaustadt Schildau. Böttger bleibt sich treu, schnürt den Doppelpack. Libero Denny Beckedahl findet zurück zu alter Stärke, verwandelt einen Freistoß traumhaft und verteidigt in einem ansonsten fußballerisch wenig überzeugenden Spiel seines Teams den 3:2-Erfolg über die Zeit und hin zum Horstseefischen.

Kampf und Leidenschaft scheinen sich erstmal erschöpft zu haben oder gehen auf der Sonntagsfahrt nach Naundorf verloren, wo nach dem Pokalhoch das abrupte Tief kommt und es eine peinliche 2:1-Niederlage beim Schlusslicht setzt. Also wird an der Sachsendorfer Straße das alt bekannte Lied von Wiedergutmachung gesungen, kein Geringerer als das punktverlustfreie Zschortau wird zum Konzert geladen. Unter Trommel und Trompeten setzt Blau-Weiß hochjauchzend zur Sensation an, siegt in Unterzahl emotional mit 2:1. Die folgenden Novembertage für die Wermsdorfer ganz im Zeichen des Pokalfiebers, das Viertelfinale in Bad Düben als Gradmesser der bisherigen Saison. Bei der Generalprobe mit den Kurstädtern beide Teams darauf bedacht, die Karten bedeckt zu halten. In großem Abnutzungskampf beweisen die Kupferlinge nach dem Sieg mit einem Mann weniger in der Vorwoche abermals Moral, erarbeiten nach 2:0-Rückstand noch den 2:2-Punktgewinn. Krostitz II mit arger Personalnot, stellt einen gelungen Aufgalopp für den FSV dar, mit einem 10:0 Kantersieg geht es ins Duell um den Einzug in die Runde der letzten Vier. Es wird eine Schlacht, in der die Gäste besser spielen, griffiger daherkommen und überzeugt auftreten. Die eigene Abschlussschwäche und Bad Dübens Kontergefährlichkeit spitzen das Geschehen allerdings zu, nach 90 Minuten ist kein Sieger gefunden und auch die Verlängerung biegt auf die Zielgerade ein, als es wieder ein Beckedahl-Freistoß ist, der die Entscheidung bedingt. Justus Keller kann den wuchtigen Schuss abstauben, der Hubertusburger Jubel bei Spielern, Verantwortlichen und Unterstützern kennt kaum ein Halten. 

Der Halbfinaleinzug als maximale psychische und physische Belastungsprobe für den FSV, die Batterien sind leer, was aber keine Ausrede sein kann für jene Arbeitsverweigerung der Kupferlinge im die Hinrunde beschließenden Derby in Ablaß auf dem dort als Fußballplatz getarnten Matsch. Mit 4:0 revanchiert sich der Lokalgegner fürs Pokalaus und gibt den Gästen einige Hausaufgaben und Denkanstöße mit in die Winterpause.
So beschließt Blau-Weiß mit einem ausgefallenen Spiel (Schenkenberg) in der Hinterhand die Rückrunde auf einem guten fünften Platz, die Punktausbeute von 22 Zählern absolut im Soll. Der Blick auf die Tabelle in Wermsdorf dabei einerseits natürlich Auskunft über den Ist-Zustand nach diesem Halbjahr, viel wichtiger aber der Blick auf die Entwicklung. Die FSV’ler um Trainer Dierk Kupfer setzten sich im dritten Jahr in Folge in der oberen Tabellenhälfte fest, sind zuhause mit nur einer Niederlage eine Macht und überwintern erstmals im Pokalbewerb, wo das Losglück ein attraktives Duell mit dem SV Zwochau bescherte und dabei das ersehnte Heimspiel brachte. An der Sachsendorfer Straße und in der Fremde gilt dabei weiterhin, dass das Team von seinen Emotionen und dem Kampfgeist lebt. So bleiben wieder großartige Momente in dramatischen Spielen und starke Leistungen. Das Gerüst des Teams stellen nach wie vor die Abwehrorganisatoren Denny Beckedahl und Torhüter Benjamin Schönitz, die keine Spielminute verpassten. In jedem Spiel in der Startelf stand sonst nur Stürmer Pascal Weidner, der vorne unermüdlich für seine Mitspieler arbeitet, für das Gegenpressing unverzichtbar ist und dessen fortwährende Gesundheit nach mehrmaligen Verletzungssorgen der Vorjahre ein großer Gewinn für den Verein ist. Im Mittelfeld wusste Patrick Kupfer auf Anhieb zu überzeugen, bildet mit Justus Keller und Sebastian Körner die laufstarke Dreifach-K-Zentrale. So ist es gelungen, Freibergs Karriereende abzufangen, wenngleich vor allem in der Standardverteidigung ob eklatanter Größennachteile zunehmend abenteuerlich verteidigt werden muss und, Achtung nächster Flachwitz, Luft nach oben ist. Festzuhalten gilt weiterhin das größte Manko der blau-weißen Hinserie, die mangelnde Konstanz. Was sich schon in einer Vielzahl von Spielen niederschlägt, in denen es kein Seltenes ist, dass nach einer spielerisch dominanten ersten Hälfte ein klarer Leistungseinbruch nach der Pause zu verzeichnen ist, wahlweise auch gerne in umgekehrter Reihenfolge, kommt in der Betrachtung des Saisonverlaufs noch drastischer zum Ausdruck. Wie eingangs beschrieben, folgt in Blau-Weiß auf das Ansetzen zum Durchstarten in schöner Regelmäßigkeit die ungewollte Bruchlandung in Schildau, Naundorf oder Ablaß. Diese Inkonstanz gilt es in den Griff zu bekommen, um den nächsten Schritt gehen zu können. Dafür unabdinglich, dass die Kupfer-Elf ihr Verhältnis zwischen Kampf und Leichtigkeit findet, was für Blau-Weiß unausweichlich mit fußballerischer Klasse einhergeht. Zu oft das Wermsdorfer Aufbauspiel in dieser Spielzeit als behäbig oder einfallslos. Funktionieren weite Bälle oder schnelle Tempoverschärfungen gegen tief gestaffelte Abwehrreihen der vermehrt destruktiv verteidigenden Gegner nicht, muss Blau-Weiß weiter an schlüssigen Alternativen arbeiten. Jede Woche mit der ganzen Emotionspalette bis zum Umfallen zu kämpfen kann nicht mehr der ausschließliche Matchplan sein, will man den eingeschlagenen Weg weitergehen.  Allen Beteiligten ist klar, dass diese Entwicklung Zeit aber auch Verständnis braucht und Misserfolge nicht ausbleiben werden. Es zählt, eine Kultur zu etablieren, die Fehler wie Ballverluste nach riskanten Zuspielen oder kreativen Lösungen zulässt, da die Spieler nur so lernen können, was auf dem Rasen funktioniert oder ins lockere Trainingsspiel gehört. Der Schlüssel für die Hubertusburger auch hier der Teamgeist, zusammen wird man in nächster Zeit konstruktiv am weiterentwickelten Aufbauspiel arbeiten. Dabei steht gleichwohl weiterhin mit auf der Agenda, der Abschluss, wo die bestehende Baustelle der Treffsicherheit keine großen Fortschritte zeigt. Positiv kann formuliert werden, dass der Kader in der Breite nach vorne gefährlich werden kann, was eine Vielzahl unterschiedlicher Torschützen belegt. In Zeiten, in denen die Erdmänners und Fischers in der Collmregion traumwandlerische sicher mit zweistelliger Ausbeute in den Winterschlaf gehen und in Torgau gleich drei 10 Tore plus Stürmer zu finden sind, zeigt sich in Blau-Weiß, wo Mittelfeldspieler Sebastian Körner mit sechs Treffern vor Nebenmann Justus Keller mit vier Beiträgen „thront“, wo einiges Verbesserungspotenzial liegt. Es gilt hier selbstbewusster aufzutreten, andererseits aber auch, die Stürmer besser in Szene zu setzen und in der Defensivarbeit zu entlasten.

So bleibt unterm Strich vom letzten Spielgeschehen des Jahrzehnts, dass die Entwicklung weitergeht. Wermsdorf bekommt seine DNA in Alles-oder-Nichts-Partien zunehmend mit Erfolg aufs Grün, muss im Spiel mit Ball zulegen und vor dem gegnerischen Gestänge Ruhe bewahren. Dabei werden die Hubertusburger den Weg weiter als geschlossene Einheit gehen, das Team ist eingespielt und motiviert und bereit für die nächsten Herausforderungen. Dabei bleibt die Truppe in Hinsicht auf ihre Einstellung, Leidenschaft und Kampfgeist das Maß aller Dinge im Kreis, wenngleich die Konkurrenz nicht schläft. Eine spannende Rückrunde wirft ihre Schatten schon voraus. Blau-Weiß wird wieder antreten, auf der Suche nach Licht und dem nächsten Kapitel der Geschichte. 

Bilder Archiv RW/AK