Wermsdorf trotzt miserablen Spiel mit Kampfgeist und landet in der Nachspielzeit den Lucky Punch
LSG Löbnitz – FSV Blau-Weiß Wermsdorf 3:4 (1:2)
FuPa Statistik und Elf der Woche
Nachdem man in der Vorwoche trotz leidenschaftlichem Kampf in Torgau nicht über eine 1:0 Niederlage hinauskam, stand für die Blau-Weißen am Samstag das nächste harte Auswärtsspiel auf dem Programm. Die Hubertusburger waren bei der spielstarken LSG Löbnitz gefordert. Ein richtungsweisendes Duell wartete auf die Jungs von Trainer Sven Juretschke.
Am vergangenen Spieltag beim Tabellenprimus noch unter anderem mit der allzeit bereiten Oldiemaschine Andy Freitag auf der Wiese, begrüßte man im FSV-Kader einige über den Winter abhandengekommene Collmkicker zurück. Mit Tim Höhnel und Dustin Auerbach feierten gleich zwei Startelfspieler ihren persönlichen Pflichtspielauftakt 2025, während mit Ruven Frase ein weiterer angeschlagener Spieler der letzten Wochen erstmals in diesem Jahr ins Spieltagsaufgebot rutschte. Personell also erstmal Entspannung an der Sachsendorfer Straße, doch man war sich durchaus bewusst, dass der Fitnesszustand des ein oder anderen Blau-Weißen hinter den Anforderungen des Tages liegen würde. Entsprechend konservativ stellten Juretschke und seine Co’s Denny Beckedahl und Robby Staude, die diesmal nicht selbst die Tasche einpacken mussten, ihre Schützlinge ein. Aus einer abwartenden Lauerhaltung wollte man ähnlich dem Angang der Vorwoche schnell umschalten und aus einer stabilen Mitte heraus für Nadelstiche sorgen.
Druck war in jedem Fall auf dem Kessel. Das Mittelfeld der Nordsachsenliga enger denn je und quasi jeder Spieltag ein Fingerzeig in die eine oder eben in die andere Richtung. Für Wermsdorf stellte sich im Vorfeld die Frage, ob man nach diesem Auftritt in der Fremde den Blick nach unten zu richten haben wird oder sich im Top-5 Feld der Liga festbeißt. Die gastgebenden Löbnitzer, bei denen im ausgehenden Jahr 2024 die Abstiegsränge plötzlich in Reichweite gerieten, konnten mit Siegen über Oschatz und Mügeln in den vorherigen Partien absolute Big Points verbuchen. Dementsprechend viel Selbstvertrauen beim Gegner und die Möglichkeit da, mit einem Heimsieg die Lücke zu Blau-Weiß auf nur noch 3 Punkte zu minimieren.
Das Leipziger Schiedsrichtergespann pfiff also pünktlich zu einem durchaus brisanten Duell an und eröffnete damit gleichwohl einen denkwürdigen Schlagabtausch. Der zeichnet sich von Beginn weg kaum durch fußballerische Momente aus. Meint man es gut mit den ballbewegenden Akteuren des Tages, so könnte man die mehr zum Acker als zum Rasenteppich tendierende Wiese in Haftung nehmen. Doch insbesondere für das, was Wermsdorf auf dem Löbnitzer Geläuf veranstaltete, fällt es schwer treffliche Gründe ins Feld zu führen. Nach vogelwildem Start setzen die Hubertusburger nichtsdestotrotz das erste Momentum des Tages. Nach nur sieben Zeigerumdrehungen rutscht ein scharf getretener Standard von Matti Lehmann von der Mittellinie bis tief in den Fünfer der LSG durch. Rückkehrer Aui spekuliert genau darauf und zieht seinen Lauf energisch durch. So ist die Nummer 16 nicht mehr zu halten und kommt ans Kunstleder, welches der Mutzschen-Export sehenswert zu verarbeiten weiß und aus dem Lauf ins lange Eck legt. Der Dustin-Effekt sorgt beim FSV für Jubel, bringt in der Folge aber wenig Selbstverständnis in die blau-weißen Reihen. Man lässt sich weit zurückdrängen und kommt nicht in die Zweikämpfe. So ist es nur eine Frage der Zeit. Aus einem eigenen Einwurf (!) nahe der Grundlinie vollbringen die Gäste das Kunststück nach nur einem abgefangenen Zuspiel ihr komplettes Zentrum zu entblößen. Robyn Staude kann nichts mehr machen gegen Lukas Münch, der im Radius von 10 Metern (oder ungefähr 27 Erdhügeln) völlig blank steht und auf 1:1 stellt. In den Folgeminuten hat Wermsdorf erst Glück, dass der Schiedsrichter bei Libero Matti Lehmann in Anbetracht der Platzverhältnisse Milde walten lässt und ihn nach verunglückter Abfangaktion als letzter Mann nicht abmarschieren lässt. Kurze Zeit später hat Matsch dann aber doch unfreiwillig eher Feierabend und muss verletzungsbedingt vom Feld. Mit Ruby kommt die blau-weiße Wundertüte für die Schlussviertelstunde des ersten Durchgangs und tatsächlich wird es mit den zwangsläufigen Umstellungen in den FSV-Reihen erstmals an diesem Samstag griffig. Florian Grieser rückt auf den defensiven Leitungsposten und schließt seine Kette. Umgehend dreht sich das Momentum. Wermsdorf spielt sich zwar nicht frei, ackert sich aber ins Geschehen. Sinnbildlich hierfür Pascal Weidner, der im Tackling an der Außenbahn ein blau-weißes Lebenszeichen sendet und mit Körperlichkeit einen Ruck durch die Mannschaft schickt. Die Gäste erheben sich über die sich abzeichnende Kulisse und finden in der 34. Minute in Form von Louis Hoffmann das nächste Momentum. Gummi ist an der Grundlinie nicht zu verteidigen, kuppelt sich beim x-ten Abkappen aber mal wieder selber die Stollen aus dem Schnürschuh. Irgendwann nimmt die Nummer 9 dann die Ausfahrt Ablage und legt zurück auf Weid(n)i. Der will das Spielgerät entschlossen in die Box brettern, doch seine Zauberfüße verselbstständigen sich und so findet der Ball auf magische Art und Weise seinen Weg in den Rückraum des Sechzehners, wo Comebacker Tim Höhnel schon seit einiger Zeit vor sich hin miaut. Miezer verarbeitet den unfreiwilligen Pass technisch fein und holt sich dafür den Stempel ab. Am Kontakt bei der Drehbewegung gibt es wenig rumzudeuteln und folgerichtig bietet sich Aui vom Punkt die Chance auf die erneute Führung. Auch wenn der ein oder andere Zuschauer seine biergetränkte Expertise lauthals zum Ausdruck bringt, bleibt Dustin kalt wie eine Pferdeschnauze und markiert das 2:1 aus Gästesicht. Das es damit auch in die Kabinen geht liegt nicht etwa an der FSV-Souveränität der folgenden Minuten (denn die stellen das Fußballkicken wieder gänzlich sein), sondern schlicht daran, dass Löbnitz die großen Räume nicht zu nutzen weiß.
Die Umkleiden scheinen im ersten Durchgang jedenfalls offensichtlich zum Bratwurstgrill umfunktioniert wurden zu sein, zumindest lässt der omnipräsente Geruch ordentlich durchgeschmorter Fleischerzeugnisse keinen anderen Schluss zu und sorgt dafür, dass sich einige Hubertusburger scheinbar nicht auf die Worte der Trainer konzentrieren können. Die Juretschke-Schützlinge kommen trotz aller Mühen der FSV-Übungsleiter an den richtigen Stellschrauben zu drehen katastrophal zurück aufs LSG-Geläuf. Vorne ohne Zugang, hinten ohne Zugriff taumeln die Collmkicker durch das Spielgeschehen. Zwar erwehren sie sich nach Kräften und halten zusammen, doch das macht den Eindruck in fußballerischer Hinsicht nicht weniger kümmerlich. Nach einer Stunde zollt Ruby dann einem Stoß Tribut und der nächste erzwungene Wechsel bringt Mammadou Bailo Diallo aufs Feld. Der nimmt sich viel vor, semmelt aber erstmal direkt den Gegner um und holt sich gelb ab. Kurz darauf hat das Betteln dann ein Ende und ein kläglicher Aufbauversuch von Kapitän Justus Keller mündet im krachenden 2:2 Ausgleichstreffer (68.). Als FSV-Schlussmann Robyn wenige Augenblicke später unter einer scharfen Ecke durchtaucht, das Kunstleder Weidi unvorbereitet an der Brust erwischt und fast schon von allein über die Linie trudelt, ehe es vom Gegner doch noch richtig reingepetert wird, steht es dann folgerichtig 3:2 (73.). Die Messe scheint gelesen, der Drops gelutscht und die blau-weiße Ausfahrt erodiert. Fünf Zeigerumdrehungen lang versucht Löbnitz auch noch das vierte Rad vom Karpfengefährt abzumontieren, doch das Momentum bleibt an den letzten tapferen Schrauben hängen. Angeführt vom unermüdlich antreibenden Florian Grieser aus hinterster Reihe bäumen sich die Hubertusburger nochmal auf. Tom Zielinski bekommt einen vermeintlichen Strafstoß nicht, Justus Keller verzieht eine Direktabnahme. Nichts davon ist spielerisch produziert, aber die Aktionshoheit in der Schlussphase erarbeiten sich die Wermsdorfer nun als Kollektiv. Aui und Miezi, die eigentlich schon seit geraumer Zeit in arger Luftknappheit unterwegs sind schalten die Sparflamme ab und zünden den Gästemotor wieder so richtig an. Buchstäblich aus dem Nichts berappeln sich die Collmkicker mit auslaufender Spielzeit nochmal und die immer hitziger werdende Atmosphäre verstärkt diesen Effekt nur weiter. In der 80. Spielminute nutzt Kassenwart 15 einen wilden Ausflug des Löbnitzer Schlussmanns und bedient Kassenkraft 10. Soll heißen: Miezi bekommt die Schnurhaare an der Grundlinie noch an den hohen Ball geklebt und macht das Kunstleder damit wieder scharf. Zille nimmt die Murmel als spitzem Winkel direkt aus der Luft und bastelt die Pille über zwei Verteidiger hinweg mit voller Überzeugung in die Maschen. Damit belohnt der erst 19-jährige Flügelspieler sich an einem schwierigen Tag selbst für unermüdlichen Einsatz und den stetigen Glauben an genau diesen Moment und hievt seine Farben endgültig aus der Versenkung der Partie. Das späte 3:3 lässt den blau-weißen Patienten endgültig vom Krankenbett erwachen. Sie knallen sich nun auf Seiten der Gäste in jeden Zweikampf und nehmen das Geschehen endlich an, wie es ist. Aus dem Zentrum heraus kommt Überzeugung für die Schlussminuten und das überträgt sich auf die offensiven Unterschiedsspieler. Als Lukas Schulz, bei dem die Volljährigkeit wie bei Zille und Co auch noch nicht allzu lange her ist, nach einem blitzsauberen Tackling in der eigenen Hälfte nicht nur das Foul einstecken muss, sondern gleichwohl vom zuschauenden Volk neben der Zuschreibung als Rotlichtbediensteter noch eine ganze Palette weiterer hochgradig intellektueller Synonyme für Selbstbefriedigungstätigkeiten oder die Berufsprofile diverser Familienmitglieder ins Ohr gelallt bekommt, explodiert der blau-weiße Wille und lässt die FSV’ler alle Unzulänglichkeiten aus den vorherigen 90 Minuten vergessen. Es läuft bereits die Nachspielzeit. Mit letzter Kraft verarbeitet Aui das Spielgerät kurz hinter der Mittellinie, hat den Kopf oben und sieht Dudu einstarten. Der Steckpass hebelt die LSG-Kette aus und der Stürmer verliert dank guten ersten Kontaktes kein Tempo. Der letzte Verteidiger wird mit einer Körperdrehung auf den angrenzenden Hang zum Buddeln gebeten, das Kunstleder liegt nun auf dem starken Fuß und Dudu schiebt es in letzter Konsequenz staubtrocken durch die Beine des gegnerischen Torhüters. In der Nachspielzeit findet Wermsdorf somit den Lucky Punch und setzt das 4:3 aus eigener Sicht, erwehrt sich in der Folge noch einem üppigen Zuschlag auf die ausgehende Extrazeit und holt tatsächlich drei verloren geglaubte Punkte doch an die Hubertusburg.
Dass diese nicht durch Fußball, sondern durch Hingabe, Leidenschaft und Mannschaftsgeist geholt wurden, sollte hinlänglich deutlich geworden sein. Dass diese hätten auch in Löbnitz bleiben können, schien nach katastrophalen Phasen über weite Teile des zweiten Durchgangs ebenfalls mehr als nur im Bereich des Erwartbaren. So gilt es für Blau-Weiß aus diesem Spiel seine Lehren zu ziehen. Ausreden gelten nicht und der spielerische Aspekt ist aufzuarbeiten. Was allerdings in einem Ergebnissport am Ende zählt, ist der Blick auf die Tabelle und dort stehen nun erstmal 9 Punkte Abstand auf Löbnitz. Noch viel wichtiger dürfte aber wohl der moralische Gesichtspunkt des Tages ausfallen. Schon in der Vorwoche trotzten die jungen Hubertusburger allen Umständen und gingen füreinander durchs Feuer. In punkto Überzeugung, Wille und Leidensfähigkeit scheint ein Großteil der Abteilung „Jugend forscht“ mehr und mehr im Männerbereich angekommen zu sein. Mischen sie diese Erkenntnis am Fuße der Hubertusburg in den kommenden Wochen nun noch mit dem vorhanden spielerischen Potenzial und reichen das Ganze in effektiver Trainingsarbeit noch mit Grundlagenausdauer und Matchfitness an, dann werden buckelige Plätze oder destruktive Gegner es immer schwerer haben.
Bis dahin ist aber noch ein weiter blau-weißer Weg zu gehen. Zusammenhalt und Gemeinschaft werden diesen sicher ebnen, individuelle Hingabe und persönlicher Ehrgeiz ihm auf jeden Fall die Grenzen definieren – schauen wir mal, was wird.