Blau-Weiß zündet im zweiten Durchgang den Adventskranz an – nimmt das obligatorische Nachspieldrama mit und holt beim Wiese-Abschied auswärts den Derbysieg
FSV Oschatz – FSV Blau-Weiß Wermsdorf 1:3 (0:0)
Unter der Woche lag im FSV-Nikolaus-Stiefel nur ein mickriges Pünktchen vom vergangenen Wermsdorfer Heimspiel gegen Schildau, dass die Blau-Weißen lange dominierten und souverän gestalteten, nur um sich dann in der Nachspielzeit noch zwei Mandarinen ins Körbchen legen zu lassen. Da die Konkurrenz zeitgleich besser punktete, rückte das Mittelfeld der Nordsachsenliga enger zusammen und für die Hubertusburger war beim, die Hinrunde beschließenden Auftritt in Oschatz schon mächtig Dampf auf dem Kessel. Die Gastgeber wollten pünktlich vorm zweiten Advent nicht nur ihrem scheidenden Trainer Steffen Wiesner einen würdigen Abschied bescheren, sondern gleichwohl mit drei Punkten die Lücke zum Tabellennachbarn Wermsdorf auf Platz 7 auf zwei Zähler reduzieren. Für die Mannen von Trainer Sven Juretschke stand also zum Jahresende eine richtungsweisende Partie auf dem Programm, die über Einschätzung und Gefühlslage dieser Hinrunde maßgeblich mitbestimmen sollte.

Bitter daher, dass man auf dem Oschatzer Kunstrasen auf die Stammkräfte Demba Mbye, Max Thomas und Louis Hoffmann verzichten musste. Juretscke und seine Co’s Denny Beckedahl und Robby Staude reagierten, indem Philipp Springer auf die Libero-Position rückte und Altmeister Benjamin Münch die Miniaturturntasche diesmal nicht im Kofferraum belassen durfte. Münchi aber zunächst nur auf der Bank und von dort aus in bester Zuschauerrolle, um zu sehen, wie Oschatz den Gast in der Anfangsphase einmal komplett überfährt. Der Wermsdorfer Schlitten kommt überhaupt nicht vom Start weg und wirkt führungslos. Kein Zugriff im Anlauf, null Raumaufteilung und Gegnerbewusstsein dahinter und eine Laufarbeit, die man von Blau-Weiß dieser Tage höchstens nach dem 8. Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt erwartet. Das dem FSV kein Zacken aus den Kufen bricht, ist einzig und allein dem Umstand geschuldet, dass die gastgebenden Kreisstädter nichts Zählbares mit ihrer Beinfreiheit anzufangen wissen und zwei aussichtsreiche Schusspositionen nicht richtig abgeschlossen bekommen. So können sich die Juretschke-Schützlinge mit Ende der Viertelstundengrenze etwas freischwimmen und die größte Not scheint erstmal behoben, auch wenn der Auftritt weiter keinesfalls akzeptabel verläuft. Die Platzbesitzer müssen nicht mal guten Fußball spielen, sondern einfach nur mit den Basics hantieren, um den Collmkickern ein paar ordentliche Probleme zu bereiten. Was die Hubertusburger sich eigentlich vorgenommen haben, flammt zwar bei einem flotten Angriffsvortrag in der 21. Spielminute auf, doch das Pascal Weidner nach Flanke von Tom Zielinski die Kantenrüber aus fünf Metern nicht zum Kopfball sortiert bekommt, ist ähnlich bezeichnet für die ersten blau-weißen 30 Minuten des Tages wie die Anschlussaktion. In der holt Oschatz nach einem Konter samt Wermsdorfer Missverständnisses erst die Ecke raus und bei jener steht der Heimstürmer dann im Fünfmeterraum einsamer da, als Olaf im Wald auf der Suche nach Anna und Elsa. Glücklicherweise stimmt auch hier das Timing nicht und Robyn kann für seine Farben entschärfen. Damit einher geht so etwas wie ein Ruck im FSV-Team, wo die Ansagen nun auch schon mal deutlicher werden, sich die Mannschaft aber von innen heraus berappelt und in der letzten Viertelstunde der ersten Hälfte ein stückweit zu sich findet. Die Aufteilung wird griffiger und die Stürmer kommen ins Anlaufen, während bei Oschatz ob der zunehmenden Aktivität der Gegner der Schwung verloren geht. Mit einem Zuckerpass gibt Johannes Keller in der 38. Spielminute den Konditor und bittet Lille zum Plätzchen holen aufs 16er- Backblech der Oschatzer. Dort angekommen vernascht Bambi den Gegner passend zur Jahreszeit einmal komplett und bekommt den Fußwischer. Leider bleibt die Pfeife des Schiedsrichters stumm, für den hier ebenso wenig Kontakt vorliegt, wie wenig später, als Ruven Frase an der Grundlinie umklammert wird. Kann man so entscheiden und wird dank guter Kommunikation der Unparteiischen von allen blau-weißen Protagonisten auch so akzeptiert, auch wenn man sich vom Weihnachtsmann etwas anderes gewünscht hätte. Kurz darauf ist dann Pause und die nutzen die Trainer, um ihre Schützlinge zur kleinen Wanderung zurück in die Kabine zu bitten, damit man sich gemeinsam nochmal resetten kann. Ein mentaler Kniff, der aufgeht und Wirkung zeigt. Die FSV’ler kommen selbstbewusster und engagiert zurück aufs Saharasand gefüllte Geläuf. Der mitgereiste Anhang bekommt die Reaktion geboten, die man sich nach den Ligaauftritten der letzten Wochen gewünscht und ersehnt hat. Eine stetig steigende Annährung ans Oschatzer Tor endet in der 57. Spielminute im Wermsdorfer Glück. Tim Höhnel initiiert mit einem klugen Durchstecker den Aktionsradius für Ruby, der wiederrum über die rechte Bahn mit gut gewachsten Skiern anzieht und eine scharfe Hereingabe in die Box bringt. Dort ist Sechser Justus Keller durchgelaufen und kann das Spielgerät unter gütiger Mithilfe des Oschatzer Schlussmanns über die Linie drücken.

Mit der Führung im Rücken können die Collmkicker in der Folge aus ihre PS in der Folge noch besser auf die Strecke bringen, da die Heimelf nun aufmachen muss und mehr Räume anbietet. Die bespielen die Blau-Weißen zielstrebig und auch im Pressing greift die Anlage. Nur die Belohnung und der Fingerzeig zur Anzeigentafel misslingt in dieser Phase mal wieder. Ruby und Justus scheitern jeweils im Eins-gegen-Eins mit den Verteidigern im Strafraum aus aussichtsreicher Position und Mietzers Schuss nach feiner Soloeinlage gerät zu zentral. Mit der Hereinnahme von Münchi (70.) und dem Vorrücken von Mannschaftskapitän Justus Keller auf die 10 und Dustin Auerbach in den Sturm kommt nochmal mehr Dynamik auf. 75 Zeigerumdrehungen sind rum, da gibt genau diese Wichtelkombination die Geschenkpackstraße. Balleroberung Münchi, Weiterleitung Justus und schließlich landet das Spielgerät an der Mittellinie bei Aui. Der zieht auf und transformiert sich kurzerhand in Lamine Yamal. Mit dem Außenrist öffnet Yassin einen Raum, den vorher nur er und glücklicherweise auch Zille gespürt haben. So schiebt sich Bambi über links erst an seinem Bewacher vorbei und bleibt in der Box aus spitzem Winkel cool – Innenpfosten, Tor und 2:0 aus Gästesicht. Das es aus deren Perspektive nun fatal wäre von einem Deckelverschluss auf die Keksdose zu sprechen, erübrigt sich bei näherer Betrachtung von selbst und auch die Gegner wissen das. Umso wichtiger, dass Libero Philipp Springer wenige Augenblicke später im Laufduell eine blitzsaubere Grätsche und weltklasse Klärungsaktion auspackt und die Außenverteidiger Florian Grieser und Lukas Schulz bis in die Nachspielzeit hinein mit Körper und Kopf alles wegverteidigen, was sich da noch verzweifelt nach vorne wirft. Was wäre eine blau-weiße Nachspielzeit aber ohne Drama und das darf demzufolge auch zum Jahresende nicht fehlen. Minute 3 von 3 der Zugabe läuft Elfmeter für Oschatz nach einem weiten Ball und zu viel Kontakt im 16er – Robyn ist chancenlos, nur noch 1:2 und nun darf die Birne mal rattern. Natürlich gibt es nochmal etwas oben drauf und natürlich ist es wie beim Klassiker, jetzt nicht an einen rosa Elefanten zu denken und die Hubertusburger Rübe arbeitet. Doch die blau-weiße Einheit lässt sich vom Momentum und der Vergangenheit nicht übermannen. Weidi macht Hannis langen Ball vorne fest und holt den Einwurf fast an der Eckfahne raus. Das Wurfrecht tauscht kurz darauf nochmal, doch das Kunstleder ist schnell wieder an Weidis Füßen. Die Nummer 4 geht entschlossen dazwischen, mimt das Stoppschild für alle Oschatzer Hoffnungen und beweist Mut, indem er nicht abermals den Weg zur Eckfahne wählt, sondern ablegt für Ruby. Was der Waschbärhüter damit anstellt, ist schließlich alle Zahnschmerzen wert. Gleich drei Gegner werden zu Fahnenstangen (die aber immerhin noch in der Lage sind einen kräftigen Schubser auszuteilen) und mit Auge legt die 22 durch für den lauernden Münchi, der humorlos draufknallt und mit dem 1:3 nicht nur den Derbysieg verbrieft, sondern auch allen blau-weißen Zweifeln und Gewissensbissen der letzten Wochen ein Ende bereitet. Sie können noch nach 90 + etwas Meer (Gruß an Hanni) Minuten gewinnen, sie können Nachspielzeit und sie sind ein Team, wie sich kurz darauf abermals unter Beweis stellt. Beim Gastgeber entlädt sich Frust, während die Juretschke Truppe einfach nur zusammen feiern will. Glücklichweise ist dafür auf dem vereinsinternen Weihnachtsmarkt später noch genug Zeit. Mit dem Abpfiff in Oschatz endet eine ereignisreiche Hinrunde, in der die blau-weiße Familie einige Höhen und Tiefen gemeinsam durchleben durfte. Langweilig wars nie und wird’s wohl auch nicht werden. Schauen wir mal, was wird. Jetzt gilt es erstmal, bei Stolle und Weihnachtsschmaus nicht allzu viel Kampfgewicht zuzulegen, sich in der Halle nicht zu verletzen und den ganzen Spaß nicht zu sehr zu vermissen – bis nächstes Jahr! JK
